Prof. Meier und Konrad Fischer verbreiten ihre mangelhaften Bauphysikkenntnisse auch in Vorträgen. Deswegen eine kurzgefaßte Darstellung richtiger Bauphysik.

Jochen Ebel
Dipl.-Physiker
Mitglied der Baukammer Berlin
Am Haselnußstrauch 2
14822 Borkheide
Tel./Fax 033845/40000
Email: JEbel@t-online.de
URL: http://JEbel.bei.t-online.de

Borkheide, den 05.09.02

Sehr geehrte(r) Seminarteilnehmer(in),

diese Abhandlung sollte ggf. zu Ihren Seminarunterlagen gehören. Damit können Sie sich auch mit Positionen hinsichtlich der Bauphysik bekannt machen, die anders als die (nicht nur nach meiner Ansicht zweifelhaften) Positionen Prof. Meiers und Konrad Fischers sind. Anlaß für diese Abhandlung ist die Einladung zu einem Seminar auch an unser Büro mit der Themenaufzählung.

Die Gegenpositionen (Anstoß - entscheiden müssen Sie selbst) beruhen auf dem öffentlichen Auftreten der beiden Referenten, im Spezialfall eines Seminars können evtl. andere Positionen vertreten werden.

Zu Haftungsvereinbarungen und -ausschlüssen: Das BVG hat schon in einigen Fällen geurteilt, daß in Verträgen Haftungsausschlüsse für Verstöße gegen die allgemeinen anerkannten Regeln der Technik nichtig sind. Bei derartigen Verträgen gehen Sie also ein hohes Risiko ein.

Zur Bauphysik: Mein (und anderer) Dissens mit den Referenten besteht hauptsächlich in den physikalischen Grundlagen der Wärmeleitung. Die Wärmeleitung wird durch eine spezielle Form des Energieerhaltungssatzes, der Fourierschen Wärmeleitungsgleichung der Berechnung zugänglich gemacht. Diese Form des Energieerhaltungssatzes sagt, das die Änderung der gespeicherten Energie in einem Volumenbereich gleich der Summe der zufließenden Wärmeströme ist (dabei erhalten abfließende Wärmeströme ein negatives Vorzeichen). Als mathematische Vereinfachung - die aber bei fast allen Materialien (außer Wasser) im interessierenden Temperaturbereich gut erfüllt wird - wird angenommen, das der Wärmestrom nur vom Temperaturgefälle abhängt und von der Temperatur genau wie die Wärmekapazität unabhängig ist. Prof. Meier betont auch die Gültigkeit der Fourierschen Wärmeleitungsgleichung, während Herr Fischer schon geäußert hat "Mit der Ungültigkeitserklärung der Fouriergleichung in der Praxis habe ich kein Problem." Der Dissens besteht darin, daß eine spezielle Lösung die Fouriergleichung zeigt, daß der U-Wert bei ausreichend langen Zeiträumen (bis auf einen vernachlässigbaren Restfehler - abhängig vom Zeitraum beispielsweise 1 Monat) den Wärmedurchgang durch eine Wand auch bei instationären Verhältnissen richtig beschreibt (siehe z.B. Ebel, J.: Der U-Wert: nur stationär oder auch instationär. Bauzeitung 56(2002), H. 3, S. 56-80). Prof. Meier will das nicht anerkennen (wird die Ungültigkeit des U-Wertes bei instationären Verhältnissen durch {Zitat aus einer eMail an mich:} einem "mathematischen Formelsalat widerlegt", so ist etwas faul an der Vorgehensweise einer solchen "Widerlegung") ohne in der Ableitung einen Fehler nachzuweisen und obwohl er in seinem Buch "richtig bauen" Folgendes schreibt: "Aus einem gesicherten Axiom (hier die Wärmeleitungsgleichung - JE) heraus werden durch logische Schlußfolgerungen Aussagen spezieller Art abgeleitet. Da sie logisch-mathematischen Regeln folgen, sind diese Aussagen allgemein verbindlich und unwiderlegbar" (Abschnitt 2.2.2 Deduktion [S. 23]). Auch die Messung des U-Wertes (mittels Korrelation) bei den instationären natürlichen Wetterverhältnissen zeigt die Richtigkeit der theoretischen Schlußfolgerungen.

Daß der U-Wert bei stationären Verhältnissen definiert wird (und damit der zeitabhängige Term in der Fouriergleichung = 0 gesetzt wird), ist unwidersprochen. Aber eine - in einem bestimmten Zusammenhang - definierte Größe ist oft auch in weiteren Zusammenhängen hilfreich. Das in der DIN V 4108-6 im Text auf das Stationäre hingewiesen wird und dann im Weiteren instationär weitergearbeitet wird, halte ich für unverantwortlich. Aus meinem Briefwechsel mit dem DIN entnehme ich, daß dieser Fehler in Zukunft beseitigt ist.

Zum Lichtenfelser Experiment, das oft von Prof. Meier und Konrad Fischer als Beweis ihrer Behauptungen herangezogen wird, obwohl auch dieses Experiment eindeutig durch eine spezielle Lösung der Fouriergleichung erklärt wird.

Dieses Experiment beschreibt und erklärt Prof. Meier in Meier, C.: Dämmstoffe im Vergleich. Der Artikel ist z.B. in http://www.DIMaGB.de veröffentlicht. Dabei werden mehrere Materialien (Dicke 4 cm) 10 min lang mit einer 150 W Infrarot-Lampe bestrahlt und die Temperaturkurven an der Ober- und Unterseite der Materialprobe 20 min lang gemessen. Die Unterlage ist immer mal verschieden, die letzte Variante war PS. Das Experiment wurde von den Referenten am 03.04.02 in der ARD gezeigt. Bei der Erstveröffentlichung des Experiments sollte das Experiment beweisen, daß Dämmung nicht dämmt (obwohl nie Wärmeströme gemessen wurden), neuerdings wird das Experiment als angeblicher Beweis für keine Temperaturstabilität herangezogen.

Nach den Erklärungen die Prof. Meier zu dem Experiment gibt, ist zu schlußfolgern, daß die Referenten ihr eigenes "Lichtenfelser Experiment" nicht verstehen. Um das Experiment deutlicher zu erklären, folgen Sie, liebe(r) Seminarteilnehmer(in), einem Gedankenexperiment.

Wir nehmen das Lichtenfelser Experiment und verkürzen die Bestrahlungszeit von den 10 min des Experiments auf beispielsweise 1 min. In dieser kurzen Zeit erwärmen sich alle Stoffe (nicht nur die Ziegel) so wenig, das die Abstrahlung noch keine wesentliche Rolle spielt. Wie sollte sie auch: je nach Farbe der Oberfläche wird ein gewisser Teil der Einstrahlung reflektiert. Wo kann denn der Rest anders bleiben, als in den Stoff einzudringen? Die Temperaturerhöhung ist ja noch so gering, daß der prinzipiell natürlich sofort eintretende Wärmeverlust durch die Temperaturerhöhung noch zu vernachlässigen ist.

Aber in der Temperatur nach der kurzen Zeit unterscheiden sich Dämmstoff und Ziegel trotz gleicher gespeicherter Wärmemenge. Die gespeicherte Wärmemenge ist immer Wärmekapazität mal Temperatur. Da der Ziegel die aufgenommene Wärmemenge schon dicht unter der Oberfläche wegen seiner hohen spezifischen Wärmekapazität speichert, ist die Temperaturerhöhung gering. Der Dämmstoff hat eine kleine spezifische Wärmekapazität und deshalb erwärmt sich die Oberfläche sehr schnell. Dadurch entsteht ein hohes Temperaturgefälle, deshalb strömt die Wärme in die Tiefe. Dadurch haben beide Stoffe die gleiche Wärmemenge aufgenommen. Im Ziegel ist die Wärme nahe der Oberfläche lokalisiert, im Dämmstoff fast über die ganze Tiefe verteilt. Das zeigt sich besonders deutlich in der Abkühlphase (siehe nachfolgend). Und genau das wird beobachtet. Schauen Sie sich bitte die Kurven des Experiments an, die Prof. Meier sicherlich zeigen wird.

Nach dem Abschalten der Strahlungsquelle beginnt die Abkühlung. Wegen der hohen Temperatur beginnt beim Dämmstoff die Abkühlung schneller - aber das gilt nur für den oberflächennahen Bereich. Der weitere Wärmeverlust muß ja aus der Tiefe gedeckt werden. Anders beim Ziegel. Da die Temperatur geringer ist, ist der Wärmeverlust von Anfang an geringer. Da aber die Wärme unmittelbar unter der Oberfläche gespeichert ist, ist die Nachlieferung der verlorenen Wärme kein Problem, so daß die Temperatur länger hoch bleibt und damit länger eine mittlerer Wert der Wärme abgestrahlt wird. Sehen Sie sich bitte die Kurven an.

Also bleibt als Fazit: der Ziegel verliert über eine lange Zeit mäßig viel Wärme, der Dämmstoff anfangs in kurzer Zeit viel und anschließend über lange Zeit wenig Wärme. Und wenn man den Gesamtwärmeverlust nach genügend langer Zeit vergleicht – ja dann sind beide fast gleich. Wenn auf der anderen Seite der Wand keine Energie abgenommen würde, müssen beide Gesamtwärmeverluste absolut gleich sein, sonst wäre ja der Energieerhaltungssatz verletzt – und diesem widerspricht zumindest Prof. Meier nicht.

Wie ist es nun aber mit der Wärme, die auf die andere Wandseite durchgereicht wird? Bei der Dämmung kein Problem, denn da wird ja die Wärme gleich in die Tiefe verteilt. Beim Ziegel ist die Wärme nahe der Oberfläche auf der Einstrahlungsseite gespeichert mit einer geringen Temperaturerhöhung. Wegen des geringen Temperaturgefälles wird die Wärme also nur sehr langsam zur anderen Wandseite kommen, aber der Wärmeverlust auf der Einstrahlungsseite ist hoch, da ja die gespeicherte Wärme nahe der Wandoberfläche lokalisiert ist.

Nun ist wieder die Frage, welcher der beschriebenen Vorgänge bringt insgesamt mehr Wärme auf die Innenseite der Wand? Das fast sofortige kurze kräftige Durchschlagen der Wärme (Dämmung) oder das lang andauernde wenige Durchschlagen (Ziegel)? Bestimmt man das, ergibt sich – nur für die Referenten eine Überraschung - für beide die gleiche Größe, wenn der U-Wert gleich ist! Und das bleibt auch so, wenn die Einstrahlung nicht nur kurz ist, sondern lange dauert – bloß die Erklärung ist weniger anschaulich und man muß voll bei der Mathematik bleiben oder exakt die Wärme und nicht die Temperatur messen. Für den Grenzfall der stationären Verhältnisse ist die Erklärung wieder einfach. Die einfallende Strahlung wird von der Wand an der Stelle absorbiert, an der diese Strahlung auftrifft (abgesehen vom reflektierten Anteil). Da stationäre Verhältnisse vorausgesetzt werden (und für stationäre Verhältnisse erkennen ja auch Prof. Meier und Herr Fischer die Gültigkeit des U-Wertes an) ist der Wärmefluß durch die Wand proportional dem U-Wert. Wegen der hohen Oberflächentemperatur wird aber ein großer Teil der absorbierten Wärmemenge nicht durch die Wand gereicht, sondern an die Umgebung abgegeben. Dafür ist a a zuständig. Je nach Wetterverhältnissen (speziell Wind) liegt a a in dem Wehrbereich 8 ... 100 W/(m²K) [1/a a = 0,01 ... 0,13 m²K/W]. Damit ist das Verhältnis absorbierte Strahlung zur durchgereichten Strahlung U/a a nur vom U-Wert abhängig und unabhängig vom Material der Wand. Da der U-Wert der Wand oft um 0,2 W/(m²K) liegt, ist der durchgereichte Anteil der absorbierten Solarstrahlung sehr gering: 0,008 ... 0,026. Und die genaue Analyse - entsprechend der obigen Beschreibung - liefert das gleiche Verhältnis auch bei nichtstationärer Einstrahlung - z.B. bei nur 1 min. Einstrahlung (siehe auch DIN 4108-6: 2000-11, Punkt 6.4.5 solare Wärmegewinne über opake Bauteile).

Wenn man aus der Temperatur auf die Wärme schließen will, geht das auch, aber dann muß man rechnen (ich habe den Eindruck, das Wärmerechnungen den Referenten schwerfallen) oder den Versuchsaufbau modifizieren. Dazu habe ich den Referenten vorgeschlagen, die Unterlage für alle Stoffe (da ist PS vorgesehen - warum eigentlich, wenn "die Wärme durchpfeift wie nix") mit einer dünnen Schicht PS zu ergänzen und zusätzlich die Temperatur unterhalb der dünnen Schicht zu messen. Da dann bei allen aufgelegten Stoffen die dünne Schicht einheitlich ist, ist auch die Temperaturdifferenz über der dünnen Schicht proportional der fließenden Wärme.

Mit freundlichen Grüßen und viel Erfolg

Jochen Ebel

Impressum, Disclaimer Startseite