Die Entwicklung war vorauszusehen

Die MAZ vom 02.08.04 titelte "Hartz IV hilft der PDS" und Dr. Norbert Janz legte in der MAZ vom 05.08.04 nach: "Viele Protestwähler würden voraussichtlich auf die PDS setzen".

Dabei war diese Entwicklung vorhersehbar - schon von Anfang sagten Viele, daß Hartz die versprochenen Ziele gar nicht erreichen kann. Trotzdem tönte es (und tönt es immer noch), welche Ergebnisse das bringen wird. Aber Wunderprediger werden früher oder später von der Realität eingeholt. Schon seit August 2002 klar, daß Hartz eine Erhöhung der Arbeitslosenzahl verursacht.

Siehe die nachfolgende eMail im Anschluß an ein öffentliches Forum im Berliner Abgeordnetenhaus am 27.08.02 um 19:00 (am Schluß noch Hinweise zu den Personen):




Absender:
Empfänger:
Kopieempfänger:
Datum:
Betreff:
"Jochen Ebel" <03384540000-0001@t-online.de>
"Werner Prof. Jann" <jann@rz.uni-potsdam.de>
"Sibyll Klotz" <sibyll.klotz@gruene.parlament-berlin.de>
28. Aug 2002 14:34
Arbeitslosigkeit


 

 

Dipl.-Physiker Jochen Ebel
Am Haselnußstrauch 2
14822 Borkheide
Borkheide, 28.08.02


Sehr geehrte Frau Doktor, sehr geehrter Herr Professor,

ich war gestern auch in dem Fachgespräch und mein Diskussionsbeitrag war wegen seiner Kürze schwer verständlich und Sie wollen auch nicht mehr wissen (oder bezweifeln überhaupt, es zu verstehen). Aber vielleicht lesen Sie das Nachfolgende doch durch.

Mit freundlichen Grüßen

Jochen Ebel




Wie Arbeitslosigkeit verringern oder fast beseitigen?

In den vergangenen 150 Jahren ist die Arbeitszeit von der fast 100-h-Woche (7 Tage a' 16 h) auf eine ca. 33-h-Woche zurückgegangen bei steigendem Verbrauch. Prof. Miegel (IWG Bonn) jetzt: von 1900 bis heute ist die Arbeitszeit auf fast genau die Hälfte gesunken, die Produktivität auf das 6-fache gestiegen. Durch die Verkürzung blieben Produktion und Verbrauch näherungsweise im Gleichgewicht - aber auf einmal soll das nicht mehr gelten??? Die Praxis zeigt doch, daß das weiter gilt, wenn auch gespalten: die Einen arbeiten mit alter Arbeitszeit weiter, die anderen haben 0 Arbeitszeit. Im Mittel sinkt also die Arbeitszeit weiter.

Mit einem Effektivitätsschub durch Hartz wird also die mittlere Arbeitszeit weiter sinken - bei keinen weiteren Änderungen also die Arbeitslosigkeit steigen. Beim Vergleich mit der Badewanne: wenn durch Hartz sowohl der Zulauf- als auch der Ablaufschlauch nur größeren Durchmesser bekommen, ändert sich nichts am Wanneninhalt. Nur wenn der Zulaufschlauch jetzt ein klein wenig dicker wird, läuft die Wanne schneller über.

Aber das Zahlenmaterial zeigt, daß es schon jetzt kein Problem ist, die Arbeitslosigkeit zu beseitigen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Und die Rahmenbedingungung lautet hier: die Abgabengesetze. Den Rest wird der Markt schon richten - eine Formulierung, die immer wieder gebraucht wird, die ich aber im Hartz-Papier nicht gefunden habe.

Das die Divergenz von Angebot und Nachfrage der wesentliche Grund für die Arbeitslosigkeit ist, zeigt nachfolgende Abschätzung mit den gegenwärtigen Zahlen: 90% Normalarbeitende und 10% Arbeitslose mit 60 % Arbeitslosengeld gegenüber den Normalarbeitenden. Von jetzt als 100% angenommen, steigt die Produktion bei Normalarbeit Aller auf 111% (1/90%), aber die Kaufkraft nur auf 104% (1/96%, 96% als Durchschittsnettobezüge von 9 AN a' 100 % und 1 AL a' 60%). Es würde also ein Auseinanderklaffen von Produktion und Verbrauch entstehen. Wegen der geringeren Kaufkraftsteigerung, darf die Produktion also auch nur auf 104 % gesteigert werden.

Bei steigender Produktivität entsteht eine noch größere Divergenz, die nur durch kürzere Arbeitszeit (auf z.Z. 93,8% - wegen 104 % *90%/100%) zu lösen ist. Ich habe noch keine andere überzeugende Lösung gesehen oder gefunden.

Nun erhebt sich die Frage, ob die Arbeitszeitverkürzung kostenneutral zu haben ist: Ja - sogar noch besser, sie spült noch mehr Geld in die Bundeskassen und erhöht auch die Gewinne der Unternehmen.

Zum Beweis ein paar weitere Zahlen. Fast schon ohne Berücksichtigung der Kaufkraftsteigerung ist das kostenneutral. Nach dem Hartz-Papier S.33 sparen 2 Mill. AL 19,6 Mrd. € (4 Mill. AL also 39,2 Mrd €), nach Seite 37 kosten die AL sogar 67 Mrd. €. Pro AN (insgesamt 36 Mill.) und Monat sind das Belastungen von 155 €. Fällt diese Belastung weg, kann den Arbeitnehmern den bisherigen Nettolohn bei sinkendem Bruttolohn erhalten, dazu kommen noch die Abgaben des bisherigen Arbeitslosen. Der Anteil der Unternehmen an den Kosten der Arbeitslosigkeit ist dabei noch nicht einmal berücksichtigt - diese bisherigen Kosten bleiben den Unternehmen als zusätzlicher Gewinn.

Noch deutlicher wird das Ganze, wenn man mal eine Gruppe aus einer Berufsgruppe mit z.B. jetzt 2000 € Bruttobezügen betrachtet. Nach der Arbeitszeitverkürzung hat die Bundeskasse 190 € mehr. Weil in der eMail die Formatierung unsicher ist, diese Tabelle als Anhang.

Dieser Zusatzgewinn wird nur unwesentlich geschmälert durch die Kosten für mehr Personal. Besonders, wenn auch entsprechende weitere Formen gefunden werden, z.B. eine rollende 4-Tage-Woche oder mehr Urlaub. Aber das sollte Sache der Tarifparteien sein.

Damit die Änderung der Abgabengesetze richtig greift, schlage ich vor, die Abgaben nicht nur vom Einkommen abhängig zu machen, sondern zusätzlich auch von der Arbeitszeit.

Anlagen: relevante Daten




relevante Daten

Der 10. AN vor der Arbeitszeitverkürzung ist als Arbeitsloser behandelt. Die Kaufkraftsteigerung ergibt sich durch das Verhältnis der Summe der Kaufkräfte vor und nach der Arbeitszeitverkürzung.

Vor Arbeitszeitverkürzung
               
AN Arbeitszeit Bruttolohn Abgaben Nettolohn ALG Kaufkraft Abgaben
1 100% 2000,00 € 600,00 € 1400,00 € 0,00 € 1400,00 € 30,0%
2 100% 2000,00 € 600,00 € 1400,00 € 0,00 € 1400,00 € 30,0%
3 100% 2000,00 € 600,00 € 1400,00 € 0,00 € 1400,00 € 30,0%
4 100% 2000,00 € 600,00 € 1400,00 € 0,00 € 1400,00 € 30,0%
5 100% 2000,00 € 600,00 € 1400,00 € 0,00 € 1400,00 € 30,0%
6 100% 2000,00 € 600,00 € 1400,00 € 0,00 € 1400,00 € 30,0%
7 100% 2000,00 € 600,00 € 1400,00 € 0,00 € 1400,00 € 30,0%
8 100% 2000,00 € 600,00 € 1400,00 € 0,00 € 1400,00 € 30,0%
9 100% 2000,00 € 600,00 € 1400,00 € 0,00 € 1400,00 € 30,0%
10 0% 0,00 € 0,00 € 0,00 € 840,00 € 840,00 €  
               
Summe 900% 18000,00 € 5400,00 €     13440,00 €  
ALG     840,00 €        
               
Staat     4560,00 €        
               
Kaufkraftsteigerung 1,041666667 4,2%        
               
               
Nach Arbeitszeitverkürzung
               
AN Arbeitszeit Bruttolohn Abgaben Nettolohn ALG Kaufkraft  
1 93,8% 1875,00 € 475,00 € 1400,00 € 0,00 € 1400,00 € 25,3%
2 93,8% 1875,00 € 475,00 € 1400,00 € 0,00 € 1400,00 € 25,3%
3 93,8% 1875,00 € 475,00 € 1400,00 € 0,00 € 1400,00 € 25,3%
4 93,8% 1875,00 € 475,00 € 1400,00 € 0,00 € 1400,00 € 25,3%
5 93,8% 1875,00 € 475,00 € 1400,00 € 0,00 € 1400,00 € 25,3%
6 93,8% 1875,00 € 475,00 € 1400,00 € 0,00 € 1400,00 € 25,3%
7 93,8% 1875,00 € 475,00 € 1400,00 € 0,00 € 1400,00 € 25,3%
8 93,8% 1875,00 € 475,00 € 1400,00 € 0,00 € 1400,00 € 25,3%
9 93,8% 1875,00 € 475,00 € 1400,00 € 0,00 € 1400,00 € 25,3%
10 93,8% 1875,00 € 475,00 € 1400,00 € 0,00 € 1400,00 € 25,3%
               
Summe 938% 18750,00 € 4750,00 €     14000,00 €  
ALG              
               
Staat     4750,00 €        


Letzte Aktualisierung 28.08.02
Durch Ebel
E-Mail: JEbel@t-online.de




Personen und Ihre Verφffentlichungen

Prof. Werner Jann
PNN 28.08.02
Netzzeitung 26.03.04
KWI-Infoheft Nr. 6/2003, S. 4 - 6

Dort wird z.B. auch die Zusammenarbeit mit der juristischen Fakultät genannt.

In der "Juristischen Fakultät" bei der "Professur für Staatsrecht, Allgemeines Verwaltungsrecht und Kommunalrecht" arbeitet Dr. Norbert Janz als wissenschaftlicher Mitarbeiter