Franz, W.: Arbeitsmarktökonomik 5. Auflage
Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 2003

Wolfgang Franz

Jahrgang 1944, Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und Inhaber eines Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim. Promotion 1974 und Habilitation 1981 an der Universität Mannheim, anschließend Professuren an den Universitäten Mainz, Stuttgart und Konstanz, darüber hinaus Rufe an die HumboldtUniversität Berlin und die ETH Zürich. Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und von 1994 bis 1999 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Hauptarbeitsgebiete: Arbeitsmarktanalyse, Makroökonomie und empirische Wirtschaftsforschung.

Arbeitsmarktökonomik

Dieses Buch ein Standardwerk. Es bietet die für den deutschsprachigen Raum wohl umfassendste Darstellung des Arbeitsmarktgeschehens. Ein besonderes Gewicht liegt auf der engen Verzahnung von theoretischen mit empirischen Analysen unter Berücksichtigung des institutionellen Regelwerkes auf dem Arbeitsmarkt und verbunden mit wirtschafts-, insbesondere arbeitsmarktpolitischen Handlungsalternativen. Das Problem der Arbeitslosigkeit und ihre Bekämpfung nimmt hierbei einen besonders breiten Raum ein. Zahlreiche »Fallbeispiele« stellen Bezüge zu aktuellen Entwicklungen her. Wichtige Fakten und ihre statistische Erfassung - wie etwa die Arbeitslosenstatistik - werden ausführlich dargestellt und diskutiert.

Kapitel 10 (S. 403)

Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit

Eine solche umfassende Strategie empfiehlt sich noch aus einem anderen Grund. Trotz zahlreicher innovativer Ansätze ist es der empirischen Arbeitsmarktforschung bisher nicht gelungen, die quantitative Bedeutung aller möglichen Ursachen der Arbeitslosigkeit zu bestimmen. Dies gilt insbesondere für die numerische Evaluation von Beschäftigungseinbußen, die von institutionellen Inflexibilitäten des Regelwerkes auf dem Arbeitsmarkt zu verantworten sind, wie etwa ein rigider Kündigungsschutz oder Lohnverhandlungssysteme, welche betriebliche Gegebenheiten zu wenig berücksichtigen. Erst recht liegen keine Forschungsergebnisse vor, als deren Ergebnis jeder Ursache ein prozentualer Anteil an einer bestehenden Unterbeschäftigung beigemessen werden kann, wobei sich die einzelnen Prozentzahlen möglichst noch zu hundert addieren. Neben der mangelhaften oder fehlenden Messbarkeit zahlreicher Bestimmungsfaktoren der Arbeitslosigkeit scheitern die für solche Gesamtdiagnosen erforderlichen ökonometrischen Zeitreihenstudien daran, dass sich die in Frage kommenden Ursachenvariablen, selbst einmal unterstellt, eine Quantifizierung sei möglich, im Zeitablauf häufig nur unwesentlich geändert haben, also eine zu geringe Varianz aufweisen.6 Der Ausweg in Form internationaler Querschnittsstudien mit Ländern, zwischen denen gravierende Unterschiede zwischen betreffenden institutionellen Gegebenheiten bestehen, leidet unter einer kaum erfassbaren länderspezifischen Heterogenität, sodass vielfach unklar bleibt, ob Differenzen in der Höhe der Arbeitslosigkeit zwischen einzelnen Ländern wirklich auf anders gestaltete institutionelle Regelungen zurück geführt werden können.7 Erschwerend kommt bei messbaren Zusammenhängen hinzu, dass deren quantitative Bedeutung strittig ist, wie beispielsweise bei der Reallohnelastizität der Arbeitsnachfrage: Der Dissens bezieht sich weniger auf das im allgemeinen negative Vorzeichen - auch die Gewerkschaften erkennen die Bedeutung der Lohnhöhe für die Beschäftigung an, denn sonst wäre ihr vehementer Einsatz zur Senkung der Lohnnebenkosten kaum verständlich -, sondern auf den numerischen Wert dieser Elastizität, unterstützt durch widersprechende Resultate einschlägiger ökonometrischer Studien.8 Angesichts dieser Unsicherheit verspricht ein Maßnahmenbündel am ehesten Erfolg, selbst wenn das ein oder andere Element einer Strategie, obschon a priori plausibel, sich im Nachhinein als unwirksam, weil nicht ursachengerecht erweisen sollte.

6Vgl. den Beitrag von Blanchard und Wolfers (2000), in dem dieser unbefriedigende Stand der Forschung thematisiert wird.
7Als Beispiel für eine solche internationale Querschnittsstudie sei auf Nickell und Layard (1999) verwiesen.
8Vgl. dazu Abschnitt 4.4.