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Zur Zeit herrscht etwa ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage, bzw. etwa gleichbedeutend: das, was produziert wird, wird etwa auch gekauft.
Für die weiteren Betrachtungen sind Verhältniszahlen anschaulich. Deswegen ist es sinnvoll für das Weitere ausdrücklich festlegen, was 100 % bedeuten:
Alle Erwerbspersonen (=Erwerbstätige + Arbeitslose) sollen 100 % sein. Davon sind nur ca. 90 % tatsächlich beschäftigt - und 10 % arbeitslos.
Als 100 % Kaufkraft wird die Kaufkraft betrachtet, die vorhanden wäre, wenn alle 100 % beschäftigt wären und Ihren vollen Nettolohn erhalten würden. Aber jetzt erhalten nur 90 % vollen Nettolohn und die restlichen 10 % erhalten ca. 60 % von ihrem ehemaligen Nettolohn. Damit ist jetzt die durchschnittliche Kaufkraft nur 96 % - vorausgesetzt, die Arbeitslosigkeit wäre über alle Lohngruppen etwa gleich verteilt. Wenn das nicht stimmt, dann kann die durchschnittliche Kaufkraft auch 95 % oder 97 % betragen, aber an den nachfolgenden Rechnungen ändert das wenig - im Weiteren wird von 96 % ausgegangen.
Wie sind nun die Steigerungen, wenn vom gegenwärtigen Stand ausgegangen wird und die Arbeitszeit erhalten bleiben soll:
Bei den Beschäftigten, wenn alle beschäftigt würden: 100 % / 90 % = 111 %, also eine Steigerung um 11 %. |
Bei der Kaufkraft, wenn alle vollen Nettolohn erhalten: 100 % / 96 % = 104 %, also eine Steigerung um 4 %. |
Das Ergebnis wäre eine Steigerung der Produktion um 11 %, der eine Steigerung der Kaufkraft von nur 7 % gegenüber steht - es könnten also nur 104 % gekauft werden, 7 % würden unverkäuflich sein. Da das aber nun sinnlos wäre 7 % Unverkäufliches zu produzieren, wird die Produktion durch Entlssungen reduziert - aber gleichzeitig wird damit unvermeidlich die Kaufkraft reduziert. Ein Gleichgewicht stellt sich dann bei den gegenwärtigen Verhältnissen mit 10 % Arbeitslosen ein.
Also muß das Gleichgewicht anders erreicht werden. Man könnte nun den Nettolohn auf die Steigerung der Produktion erhöhen - aber auch das wäre sinnlos, weil viele gar nicht 7 % mehr kaufen würden oder könnten (beispielsweise Lebensmittel), sondern vielleicht 1 % mehr kaufen und 6 % sparen würden - es wäre also sinnlos.
Der andere Weg ist, die Produktion um 7 % zu drosseln. Das geht auf zwei Wegen, die beide etwa gleichberechtigt sind:
Deswegen bleibt als einzig realisierbarer Weg die Arbeitszeitverkürzung - und die Rechnung soll nur beweisen, daß dieser Weg tatsächlich gangbar ist und allen Vorteile bringt:
Und alles deshalb, weil sich ein Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage auf einem höherem Niveau einstellt.
Um das Verständniß für den Erfolg der Reform zu erleichtern, wird der Reformprozeß in gedachte Einzelschritte zerlegt, die in der Praxis gleichzeitig abklaufen.
Fazit:
Das ist ein schöner Mix aus der simplen Weisheit, dass mehr Arbeit mehr Geld bringt. Aber das Wichtigste vergessen Viele: Wie erreicht man mehr Arbeit - und das ist gezeigt, indem man die Arbeitslosigkeit mit den richtigen Methoden fast zum Verschwinden bringt.
Obwohl es sich geradezu paradox anhört, daß durch Verkürzung der Arbeitszeitzeit die Wirtschaftsleistung und der Lebensstandard steigen werden - die nachfolgende Arbeit beweist, daß das der einzige Weg ist. Die scheinbare Paradoxie entsteht nur dadurch, daß unter dem Begriff Arbeitszeit üblicherweise nur die individuelle Arbeitszeit der noch Erwerbstätigen verstanden wird. In Wirklichkeit wird durch die Verkürzung der Arbeitszeit die Arbeitszeit erhöht - und zwar für die jetzt noch Arbeitslosen und die Wirtschaft insgesamt.
Von Einigen wird (falsch - wie sich im weiteren zeigt) eingeschätzt, daß bei der derzeitigen Arbeitsmarktsituation eine Arbeitszeitverkürzung nicht möglich ist [1]. Aber umgekehrt wird ein Schuh daraus: die Nichtverkürzung der Arbeitszeit ist die Ursache für die derzeitige Situation am Arbeitsmarkt.
Vor ca. 1870 stieg durch Verschiedenes (neue Produkte, Kriegsvorbereitung) die Nachfrage schneller als die Arbeitsproduktivität. Aber seit 1870 stehen die schnelle Steigerung der Arbeitsproduktivität und die langsamer wachsende Nachfrage nur infolge der ständigen Verkürzung der Arbeitszeit im Gleichgewicht (Ausnahme: Beseitigung der Kriegsfolgen) [2].
Die Jahresarbeitszeit war vor 100 Jahren über 3000 h, heute liegt das Gleichgewicht bei unter 1500 h [2] und fällt weiter - aber zur Zeit geteilt: ein Teil arbeitet eine volle "Normalarbeitszeit" (sogar mit Überstunden) und ein ständig wachsender Anteil darf gar nicht arbeiten.
Wenn durch die Anpassung der staatlichen Rahmenbedingungen an die modernen Erfordernisse die Normalarbeitszeit auf das sinnvolle Maß gekürzt wird - dann haben alle Arbeit, der Nettolohn nach der Arbeitszeitsverkürzung bleibt zumindest gleich, der Staat hat mehr Einnahmen und auch die Gewinne der Unternehmen steigen [3].
In der vorliegenden Arbeit wird das Modell vorgestellt, an zwei Zahlenbeispielen durchexerziert und erläutert. Anschließend wird es mathematisch formuliert und damit der Verallgemeinerung zugänglich gemacht (Abschnitt 3 und Anhänge 1 bis 2). Abschnitt 4 dient der Klärung der Beziehung von Produktion und Lohn bzw. Wertschöpfung und Nachfrage, Abschnitt 5 behandelt die Auswirkung der Arbeitszeitverkürzung und Reduzierung der Arbeitslosigkeit auf die Beitragseinnahmen der Sozialversicherungen und auf die Steuereinnahmen und in Abschnitt 6 wird das Problem der ständigen Entwicklung der Arbeitsproduktivität und der Prophylaxe des Abgleitens der Volkswirtschaft in den labilen Zustand der Krise mit hoher Arbeitslosigkeit diskutiert.
In Verbindung mit den umfangreichen Zusammenhängen in der Wirtschaft wird in Abschnitt 7 noch dargestellt, wie die bisherige und zukünftige Entwicklung durch unser Modell entschärft wird. In den Abschnitten 8 und 9 wird kurz auf immer wieder gebrachte unbrauchbare Vorschläge zur Verringerung der Arbeitslosigkeit eingegangen und warum diese keinen Erfolg haben können.
In Anhang 3 wird ein Vorschlag für eine Steuerprogression gerechnet, die ein Beispiel für die Durchsetzung des Modells sein könnte.
Abschnitt 10 bringt dann noch eine kurze Zusammenfassung.
Einige Fragen sind im Modell noch nicht behandelt, wie z.B. das nach Erfahrungen eine Arbeitszeitverkürzung nur zu etwa 50 % neue Arbeitsplätze schafft und das die Arbeitszeitverkürzung nicht in kleinen Schritten, sondern in groben Schritten erfolgen sollte. Die Gewinnsteigerung der Unternehmen und die Auswirkung auf die Lohnnebenkosten ist nicht ausführlich genug dargestellt.
Bei der bisherigen Diskussion der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit durch Reduzierung der Arbeitszeit traten immer einige Fragen auf, die nicht befriedigend beantwortet werden konnten. Man ging von einer gewünschten Verkürzung der Arbeitszeit aus und kam dann schnell auf folgende Probleme: 1. Wie kann man die Arbeitszeit ohne Senkung der Löhne verkürzen? 2. Wenn man dies bewerkstelligen will, welche Belastung kann man den Arbeitgebern zumuten, damit sie sich auf diesen Weg einlassen? Und 3. welche wirklichen Effekte auf die Arbeitslosigkeit kann man damit erreichen?
Wir gehen an die Aufgabe andersherum heran. Wir sagen: Wir möchten alle Arbeitslosen in Beschäftigung bringen und dabei soll der Nettolohn aller Beschäftigten, einschließlich der neu eingestellten Kollegen auf konstantem Niveau bleiben. Wie man sofort sieht, führt eine solche Forderung zu dem Effekt, daß die Nettolohnsumme größer wird und damit die Nachfrage um einen bestimmten Prozentsatz steigt, weil die bisherigen Arbeitslosen nicht mehr wie bisher nur ca. 60% des Nettolohnes in der Tasche haben, sondern 100 %.
Auf der anderen Seite bringen die neu eingestellten Arbeitnehmer zusätzliche Produktion (Dienstleistungen usw.), und zwar übersteigt diese bei der bisherigen Arbeitszeit die zusätzliche Nachfrage, denn jeder Arbeitslose bringt jetzt 100% Produktion, seine zusätzliche Kaufkraft beträgt aber nur die Differenz von Nettolohn zu Arbeitslosengeld. Deshalb wird die Arbeitszeit soweit verkürzt, daß der Faktor des Produktionzuwachses genau dem Faktor des Zuwachses der Nettolohnsumme entspricht. Damit ist der Ausgleich zwischen Kaufkraft und Produktion erreicht und die Ursache der Arbeitslosigkeit im Prinzip beseitigt. Die Arbeitgeber zahlen nun einen geringeren Bruttolohn entsprechend der verkürzten Arbeitszeit. Da aber mehr Leute beschäftigt sind, steigt die Bruttolohnsumme. Nun zeigt sich, daß dieser Anstiegsfaktor der Bruttolohnsumme genau gleich dem Anstiegsfaktor der Kaufkraft ist. Der absolute Wert des Zuwachses des Bruttolohns übersteigt allerdings die Zunahme der Kaufkraft der Arbeitnehmer, da ein Teil davon vom Fiskus vereinnahmt wird. Es ergibt sich ein Zuwachs der Staatseinnahmen zuzüglich der Einsparungen an Arbeitslosengeld, der ebenfalls genau dem Zuwachsfaktor der Bruttolohnsumme ist. Die Unternehmen finden also für die gesteigerte Produktion den vollen Absatz und zwar sowohl bei den Beschäftigten als direkte Konsumenten als auch beim Staat, der seine Einnahmen postwendend in Einkommen verwandelt, die ebenfalls auf dem Markt als Nachfrage in Erscheinung treten. Die Unternehmen machen durch die Arbeitszeitverkürzung nicht nur keinen Verlust, sondern sie können den Umsatz und damit ihren Gewinn steigern und haben alle damit verbundenen Vorteile. (In dieser Betrachtung wurde Produktion = Bruttolohn = Kaufkraft gesetzt. Das kann man nicht so ohne weiteres machen. Dieses Problem wird in Abschnitt 4 behandelt.)
Der wesentliche Punkt in diesem Modell ist also die Forderung nach der Konstanthaltung der Nettoeinkommen der Beschäftigten. Am Nettoeinkommen und damit an der Kaufkraft nagt freilich die Inflation. Inflation bedeutet den Zerfall des Geldwertes und damit Preissteigerungen. In der Regel müssen die Einkommen in harten Tarifauseinandersetzungen erst im Nachgang der Inflation angepaßt werden. Bevor das nicht erreicht ist, fehlt Kaufkraft und damit Absatz der Produktion, eine weitere Ursache für Arbeitslosigkeit. Diese Effekte sind in unserem Modell nicht berücksichtigt. Ihre nachteilige Wirkung für die Arbeitnehmer muß durch zusätzlichen Kampf um die Erhaltung der Reallöhne kompensiert werden.
Um unser Modell quantitativ zu demonstrieren, führen wir es an folgenden zwei Zahlenbeispiele vor. Und zwar einmal eine Kleingruppe und einmal die Gesamtwirtschaft:
Die Kleingruppe am Arbeitsmarkt bestehe aus 10 Erwerbspersonen (AN) von denen 9 beschäftigt sind und einer arbeitslos ist (Tabelle 1). Die neun Beschäftigten absolvieren eine Arbeitszeit von 100 %, der Arbeitslose von 0 %. Der Bruttolohn betrage 2000 €. Es werden Abgaben von 30 % = 600 € (z.B. 10 % Steuern und 20 % Sozialbeiträge) erhoben. Damit kommt für die Beschäftigten ein Nettolohn von 1 400 € heraus. Der Arbeitslose hat ein Arbeitslosengeld (ALG) von 60 % dieses Nettolohnes, d.h. von 840 €. Damit ergibt sich eine Gesamtkaufkraft von 13 440 €.
Nach der Einstellung des Arbeitslosen und Verkürzung der Arbeitszeit ergeben sich die Daten von Tabelle 2: Es sind 10 Arbeitnehmer beschäftigt. Der Nettolohn für jeden beträgt 1400 €, die Nettolohnsumme und damit die Kaufkraft also 14 000 €. Das sind 1.0417 mal mehr als vorher, also eine Steigerung von 4.17 %. Die Gesamtarbeitszeit und damit die Produktion wächst zunächst auf 10/9 = 1.111 ~ 111%. Wir müssen diese um den Faktor 104.17/111.11 = 0.9375 reduzieren, um in Übereinstimmung mit der Steigerung der Kaufkraft zu kommen. Um diesen Faktor vermindern wir die Arbeitszeit, d.h. von 100% auf 93.75 %. Um den gleichen Faktor wird auch der Bruttolohn der nunmehr 10 Beschäftigten gesenkt. Er beträgt nur noch 1875 €. Betrachten wir die Summe der Bruttolöhne von 18 750 €, die der Unternehmer jetzt zu zahlen hat gegenüber der vor der Einstellung der Arbeitslosen von 18000 €, so ergibt sich ein Plus von 750 €, das einem zusätzlichen Aufwand von 4.17 % entspricht. Das ist genau der Faktor, um den die Kaufkraft gestiegen ist. (Absolut gerechnet unterscheiden sich der Bruttozuwachs mit 750 € vom Nettozuwachs mit 560 € wegen der Abgaben zwischen Brutto und Netto um 190 €.).
Nun diskutieren wir noch die Rolle der Steuern und Sozialbeiträge in diesem Modell. Wie schon gesagt, rechnen wir mit 30 % Abgaben auf den Bruttolohn von 2000 €. Vor der Arbeitszeitverkürzung wurden insgesamt 9 x 600 € = 5400 € Abgaben kassiert. Für den Arbeitslosen müssen davon 840 € ALG gezahlt werden. Im Staatssäckel verbleiben damit 4560 €. Nach der Arbeitszeitverkürzung soll der Nettolohn der gleiche sein wie vorher. Die Abgaben können damit pro Beschäftigten nur noch 1875 € - 1400 € = 475 € betragen, d.h. nur noch 25.3 % vom Bruttolohn. Insgesamt ergibt sich eine Abgabensumme von 10 x 475 € = 4 750 € und die Zahlung des ALG entfällt. Das Staatssäckel kann sich damit über ein Plus auf der Einnahmenseite von 190 € freuen. Das sind wieder gerade 4.17 % mehr gegenüber den bisherigen Einnahmen, d.h. die Staatseinnahmen wachsen genauso wie die Kaufkraft. Daß diese Staatseinnahmen in Form von Einkommen ebenfalls als Nachfrage auf dem Markt in Erscheinung treten und damit den Absatz der zusätzlichen Produktion gewährleisten, wurde oben bereits festgestellt.
Tabelle 1: Vor Verkürzung der Arbeitszeit
AN | Nettolohn | ALG | Kaufkraft | Bruttolohn | Arbeitszeit | Abgaben absolut | Abg. %v.Brutto |
1 | 1 400 € | 0 € | 1 400 € | 2 000 € | 100 % | 600 € | 30 % |
2 | 1 400 € | 0 € | 1 400 € | 2 000 € | 100 % | 600 € | 30 % |
3 | 1 400 € | 0 € | 1 400 € | 2 000 € | 100 % | 600 € | 30 % |
4 | 1 400 € | 0 € | 1 400 € | 2 000 € | 100 % | 600 € | 30 % |
5 | 1 400 € | 0 € | 1 400 € | 2 000 € | 100 % | 600 € | 30 % |
6 | 1 400 € | 0 € | 1 400 € | 2 000 € | 100 % | 600 € | 30 % |
7 | 1 400 € | 0 € | 1 400 € | 2 000 € | 100 % | 600 € | 30 % |
8 | 1 400 € | 0 € | 1 400 € | 2 000 € | 100 % | 600 € | 30 % |
9 | 1 400 € | 0 € | 1 400 € | 2 000 € | 100 % | 600 € | 30 % |
10 | 0 € | 840 € | 840 € | 0 € | 0 % | 0 € | 0 % |
Summe | 12 600 € | 840 € | 13 440 € | 18 000 € | 900% | 5 400 € |
Tabelle 2: Nach Verkürzung der Arbeitszeit
1 | 1 400 € | 0 € | 1 400 € | 1 875 € | 93.8% | 475 € | 25.3 % |
2 | 1 400 € | 0 € | 1 400 € | 1 875 € | 93.8% | 475 € | 25.3 % |
3 | 1 400 € | 0 € | 1 400 € | 1 875 € | 93.8% | 475 € | 25.3 % |
4 | 1 400 € | 0 € | 1 400 € | 1 875 € | 93.8% | 475 € | 25.3 % |
5 | 1 400 € | 0 € | 1 400 € | 1 875 € | 93.8% | 475 € | 25.3 % |
6 | 1 400 € | 0 € | 1 400 € | 1 875 € | 93.8% | 475 € | 25.3 % |
7 | 1 400 € | 0 € | 1 400 € | 1 875 € | 93.8% | 475 € | 25.3 % |
8 | 1 400 € | 0 € | 1 400 € | 1 875 € | 93.8% | 475 € | 25.3 % |
9 | 1 400 € | 0 € | 1 400 € | 1 875 € | 93.8% | 475 € | 25.3 % |
10 | 1 400 € | 0 € | 1 400 € | 1 875 € | 93.8% | 475 € | 25.3 % |
Summe | 14 000 € | 0 € | 14 000 € | 18 750 € | 938 % | 4 750 € |
Bilanz | Kaufkraftzuwachs | 14 000 € - | 13 440 € = | 560 € | ~ 4,1 % |
Produktionszuwachs | 18 750 € - | 18 000 € = | 750 € | ~ 4,17 % | |
Zusatzeinnahmen im Staatssäckel | 4 750 € - | 4 560 € = | 190 € | ~ 4,17 % |
Damit ist im Prinzip die Bilanzierbarkeit des Modells nachgewiesen. Ein Problem haben manche damit: die Lohnerhöhung und Kaufkrafterhöhung sind gleich - da bliebe doch kein Raum für höheren Gewinn? Aber auch jetzt wird der Gewinn durch die Löhne gedeckt. Der Schlüssel liegt in den vielen Unternehmen. Der Unternehmer hortet ja seinen Gewinn nicht, sondern kauft damit bei anderen Unternehmen ein (Forschungskapazität usw.), so daß aus dem Gewinn auch Löhne gezahlt werden.
Auch als volkswirtschaftliche Gesamtrechnung ergibt sich nichts anderes. Für 2002 liegen nach [12] folgende Daten vor: Arbeitslosenrate der Abhängigen 10,9 %, Bruttolöhne 913 Mrd. € und Nettolöhne 595 Mrd. €. Daraus folgen 318 Mrd. € Abgaben. Nach [13] hatte die Bundesanstalt für Arbeit 2001 (neuere Daten noch nicht verfügbar) Ausgaben von 53 Mrd. € (103 Mrd. DM). Da ein Teil davon Verwaltungskosten und anderes sind dürfte das Arbeitslosengeld bei ca. 33 Mrd. € liegen. Obwohl die Zahlen von unterschiedlichen Jahren stammen, wird im weiteren so gerechnet, als ob die Daten von 2001 auch für 2002 zutreffen. Von den 318 Mrd. € Abgaben bleiben damit nur 285 Mrd. € (318 Mrd. € - 33 Mrd. €) für das Staatssäckel verfügbar.
Wenn statt 89,1 % (= 100 % - 10,9 %) in Zukunft 100 % vollen Nettolohn erhalten, steigt die Lohnsumme auf 668 Mrd. € als volle Kaufkraft. Vorher war die Kaufkraft 628 Mrd € (=595 Mrd. € + 33 Mrd. €), d.h. die Kaufkraft steigt um 6,3 %, die Produktion steigt aber um 12,2 %. Um das Gleichgewicht zwischen Kaufkraft und Angebot herzustellen muß die individuelle Arbeitszeit auf 94,4 % reduziert werden. Die Bruttolohnsumme steigt dann wie die Kaufkraft auf 106,3 %, d.h. auf 970,5 Mrd. €. Die verfügbaren Abgaben steigen um 6,1 % von 285 Mrd. € auf 302,5 Mrd. € (= 970,5 Mrd. € - 668 Mrd. €), da die Verringerung der Abgaben durch das Arbeitslosengeld wegfällt.
Die Fassung des Modells in mathematische Formeln bringt einmal einen mathematischen Beweis für die Richtigkeit des Modells und zum anderen in der Verallgemeinerung die Möglichkeit seiner Anwendung auf beliebige Dimensionen des Arbeitsmarktes.
Die Ableitung der nachstehenden Formeln bringen wir in der Anlage 1. Hier nur die Ergebnisse:
In den folgenden Formeln bedeuten: z die Arbeitslosenquote, die im Kontext dieser Arbeit strenggenommen als Anteil der Arbeitslosen an der Summe der unselbständig Beschäftigten plus den Arbeitslosen zu verstehen ist. (Die offizielle Statistik definiert die Arbeitslosenquote als den Anteil der Arbeitslosen an der Zahl der Erwerbspersonen, zu denen neben den unselbständig Beschäftigten und den Arbeitslosen auch noch die Selbständigen gerechnet werden. Die offizielle Quote ist etwas kleiner, als die hier benutzte.) l ist das ALG als Verhältnis zum Nettolohn.
Mit diesen Bezeichnungen erhalten wir für die gesteigerte Kaufkraft Kg (Nachfrage) den Faktor
Kg = = | (1) |
Der Index 0 gilt für den Fall, daß alle Arbeitslosen eingestellt sind, d.h. z = 0, und z für den Fall, daß die Arbeitslosenquote z beträgt. Nach dem obigen Zahlenbeispiel mit z = 0.1 und l = 0.6 erhält man wie aus Tab. 1 u. 2:
Kg = = 1.0417 |
Nach Einstellung der Arbeitslosen und vor Verkürzung der Arbeitszeit steigt die Produktion um den Faktor
Pg = = | (2) |
Das sind mit den obigen Parametern
Pg = = 1.1111 |
Die Verkürzung v der Arbeitszeit soll nach unserem Modell so eingestellt werden, daß Pg = Kg wird, also die Produktionserhöhung gleich der Kaufkrafterhöhung. Das ergibt:
n = = | (3) |
Mit den obigen Parametern erhalten wir v = 0.9375, genau wie oben aus den Tabellen.
Die Unternehmer zahlen nun einen Bruttolohn B, der entsprechend der Verkürzung der Arbeitszeit verringert ist, aber für eine um die einstigen Arbeitslosen erhöhte Zahl von Beschäftigten. Die erhöhte Bruttolohnsumme Bg beträgt damit:
Bg = |
und das ist gleich der Erhöhung der Kaufkraft gemäß Gl. (1). (Die Gleichsetzung von Produktion = Bruttolohn = Kaufkraft ist, wie oben bereits vermerkt, so ohne weiteres nicht korrekt. Siehe dazu Abschnitt 4.)
Damit ist allgemein gezeigt, daß mit Hilfe der Verkürzung der Arbeitszeit nach Maßgabe der Erhöhung der Kaufkraft bei Einstellung aller Arbeitslosen der Produktionszuwachs mit dem der Kaufkraft (beides in Prozent gerechnet) bilanziert und damit die Unternehmen keine Verluste erleiden, sondern sogar mit einer Erhöhung ihres Umsatzes und der Gewinne rechnen können, auch wenn der Nettolohn erhalten bleibt.
Es bleibt zu untersuchen, wie sich die Abgaben für Steuern und Sozialbeiträge S nach der Arbeitszeitverkürzung verändern. Da die Abgaben auf die Bruttolöhne bezogen werden, sinken diese pro Beschäftigten um den Faktor der Arbeitszeitverkürzung v (Gl. (3)), aber, da mehr Beschäftigte am Produktionsprozeß beteiligt sind und die ALG entfallen, erhöhen sich die Staatseinnahmen insgesamt um den Faktor Sg:
Sg = | (4) |
Das ist wieder der gleiche Faktor wie für die Kaufkrafterhöhung gemäß Gl. (1).
Unser Modell führt also zu einem Zuwachs der Staatseinnahmen um den gleichen Faktor wie die Kaufkrafterhöhung und die Produktion. Der Staat gewinnt damit ebenfalls. Die Arbeitszeitverkürzung kostet also nicht nur nichts, sondern führt insgesamt zu einem Zuwachs an Wirtschaftskraft, an der alle Beteiligten, also die Beschäftigten in ihrer Gesamtheit, die Unternehmen und der Staat in gleicher Weise beteiligt sind. Das ist auch verständlich, da mehr Menschen in Arbeit stehen und die unproduktiven Ausgaben für die Arbeitslosigkeit entfallen.
Der Zuwachs an Wirtschaftskraft oder, mit anderen Worten, das Wirtschaftswachstum gemessen am Faktor BIPg ergibt sich nach den Gleichungen (1) bzw. (4) für die BRD mit z = 8 % und l = 63 % zu:
BIPg = = 1.0305 |
d.h. ein Wachstum von 3.05 %. Die Arbeitszeit wird nach Gl. (3) auf
v = 1.0305 ´ 0.92 = 0.948 |
verkürzt, Die Verkürzung beträgt also rund 5 %.
In den neuen Bundesländern haben wir eine Arbeitslosigkeit von rund 18 % und das Arbeitslosengeld beträgt ebenfalls 63 % vom Nettolohn. Damit erhalten wir für das
BIPg = 1. 0714, |
d.h. über 7 % Zuwachs und die Arbeitszeit verringert sich auf
v = 1. 0714 ´ 0.82 = 0.879, |
die Verkürzung ist also rund 12 %. Obwohl die getrennte Anwendung des Modells auf die neuen Bundesländer eigentlich nicht möglich sein sollte, zeigt sich trotzdem die Anwendbarkeit: in den neuen Bundesländern ist die Arbeitszeit ca. 8 % höher als in den alten Bundesländern. Ziehen wir von der notwendigen Verkürzung um rund 12 % die jetzige Mehrarbeitszeit von 8 % ab, so bleibt eine Arbeitszeitverkürzung um 4 %, wie sie etwa für die alten Bundesländer zutreffen dürfte, denn die notwendige Verkürzung um 5 % ist der gewichtete Mittelwert aus alten und neuen (12 %) Bundesländern.
Daß die getrennte Anwendung des Modells auf die neuen Bundesländer eigentlich nicht möglich sein sollte folgt daraus, daß es sich hier um keine selbsttragende Wirtschaft handelt. Damit ist gemeint, daß die Kaufkraft durch Transferleistungen ergänzt wird und die eigene Produktion für diese Kaufkraft nicht ausreicht. Deswegen muß der gespaltene Arbeitsmarkt in Deutschland gesondert behandelt werden.
Es sei hier darauf hingewiesen, daß sich das Nettoeinkommen der Mehrheit der unselbständig Beschäftigten nicht verändern wird. Die zusätzliche Kaufkraft entsteht bei den bisher Arbeitslosen, bei denen sich, je nach Dauer ihrer Arbeitslosigkeit, zusätzlich ein Nachholbedarf - im wesentlichen bei Konsumgütern - angestaut hat.
Die mathematische Formulierung hat zu leicht handhabbaren Faustformeln geführt, die es gestatten, mit dem Taschenrechner die Wirkung von Maßnahmen zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit über die Verkürzung der Arbeitszeit abzuschätzen. Die Vorteile dieses Modells in jeder Hinsicht sind offensichtlich.
In Anhang 2 wird der Fall unterschiedlicher Entlohnung für die Beschäftigten und die wieder eingestellten Arbeitslosen behandelt. In der Praxis fallen Beschäftigte mit geringerer Qualifikation also mit kleineren Löhnen (sowohl Brutto als auch Netto) eher der Arbeitslosigkeit zum Opfer als höher qualifizierte. Ihr Arbeitslosengeld ist damit kleiner und bei Wiedereinstellung liegt ihr Lohn ebenfalls unter dem Durchschnitt aller Beschäftigten. Dieses Problem führt auch zu einfachen Formeln, die den Gleichungen (1) - (4) entsprechen, aber einen weiteren Parameter enthalten, der die Lohndifferenzierung beschreibt. Die Bilanz der Größen Kaufkraft, Bruttolohnsumme, Produktion, Arbeitszeitverkürzung und Abgabensumme bleibt aber erhalten. Allerdings fällt der Zuwachs an Wirtschaftskraft in Abhängigkeit von der Differenz der durchschnittlichen Nettolöhne geringer aus.
Bisher haben wir die Produktion gleich dem Bruttolohn bzw. dem Arbeitsentgelt gesetzt und diese dann mit der Kaufkraft verglichen. Das setzt z.B. voraus, daß die Preise, die von der Kaufkraft bezahlt werden müssen, gleich den entsprechenden Bruttolöhnen sind. Das stimmt so nicht. Die Beziehungen zwischen Produktion und Kaufkraft müssen genauer beschrieben werden.
Der Preis einer Ware (oder Dienstleistung) ist nur zum Teil durch die Bruttolöhne (oder besser die Arbeitsentgelte) eines Finalproduzenten gegeben. Bekanntlich geht die Preisbildung vom Produktionswert aus, der sich zum einen aus den Vorleistungen und zum anderen aus den Arbeitsentgelten, Gewinnen und den Abschreibungen zusammensetzt. Die letzteren drei Anteile ergeben zusammen die Wertschöpfung. Die Vorleistungen werden produziert ebenfalls per Wertschöpfung auf der Basis von Vorleistungen, usw. von Stufe zu Stufe der Wertschöpfungskette. Im Bruttoinlandsprodukt (BIP) werden schließlich nur noch die Wertschöpfungen aller Produzenten zusammengefaßt, wobei dann alle Vorleistungen mit enthalten sind. (Würde man die Produktionswerte zum BIP zusammenfassen, würden die Vorleistungen in den Stufen der Wertschöpfungskette mehrfach gezählt werden, nämlich einmal beim Finalproduzenten und dann nochmals bei den Lieferanten der Vorleistungen.) Das ist die Entstehungsseite des BIP, die den Umfang der Produktion darstellt. Die Verteilungsseite umfaßt im wesentlichen die erzielten Einkommen sowohl der unselbständig Erwerbstätigen als auch der Selbständigen einschließlich der Gewinne der Unternehmen und die Abschreibungen. Damit wird die Nachfrage bzw. Kaufkraft zusammengefaßt [7].
Mit den Abschreibungen wird der physische und moralische Verschleiß der Produktionsmittel (Anlagen, Ausrüstungen, Technologien usw.) erfaßt, der beim Prozeß der Produktion eintritt. Die im Laufe der Zeit akkumulierten Abschreibungen werden zur Reproduktion verschlissener Produktionsmittel benötigt. Die Abschreibungen stellen auf der Verteilungsseite Verbrauch dar und tragen damit zur Nachfrage bei. Auf der Entstehungsseite werden die Ersatzausrüstungen per Wertschöpfung produziert. Ebenso sind die Arbeitsentgelte letztlich die Kosten des Verbrauchs der Arbeitskraft und notwendig zu deren Reproduktion (im weitesten Sinne des Wortes) und bedeuten Nachfrage. Die Abschreibungen sind in den Preisen enthalten und werden also von den Konsumenten von deren Kaufkraft bezahlt.
In diesem Zusammenhang muß noch auf die Rolle der Abgaben für Steuern und Sozialversicherungen eingegangen werden, die wir im Wirtschaftssektor Staat zusammenfassen wollen. Die Leistungen des Staates stellen zum Teil Vorleistungen für die Produktion im Sinne der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen dar wie z.B. Verkehrswege, Kommunikationsverbindungen, Ver- und Entsorgungssysteme, innere und äußere Sicherheit, rechtliche Rahmenbedingungen für Handel und Wandel, Finanzsystem usw. Zum anderen Teil sorgt der Staat mit seinen Bildungs- und Gesundheitssystemen und der Altersversorgung für die Reproduktion der Arbeitskraft der Gesellschaft und muß dies auf einem Niveau gewährleisten, das dem Stand der Produktivkräfte entspricht. Ins BIP gehen diese Leistungen als Wertschöpfung ein. Auf der Verteilungsseite stellen sie wiederum Einkommen und damit Nachfrage dar. Da diese Leistungen zum großen Teil der Gesellschaft unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden, müssen sie durch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge finanziert werden, gehen also auf Kosten der Bruttoeinkommen der Erwerbstätigen. Was dabei hier an Nachfrage verloren geht, hält sich dann mit der Nachfrage der Beschäftigten des Staates die Waage.
Wenn wir uns an die Terminologie der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen halten, können wir die Aufgabe unseres Modells folgendermaßen formulieren: Die Wertschöpfung soll mit der Nachfrage in Übereinstimmung gebracht werden. Nicht zu vermarktende Überschüsse der Wertschöpfung sollen nicht durch Entlassung von Beschäftigten, sondern durch Verkürzung der Arbeitszeit abgebaut werden, wobei die Nettolöhne und damit die kaufkräftige Nachfrage konstant gehalten werden müssen. In der obigen Darstellung des Modells müssen also der Bruttolohn bzw. die Produktion und die Kaufkraft, die miteinander bilanzieren sollen, durch Wertschöpfung und Nachfrage ersetzt werden. Da die vielseitigen Bedürfnisse, die in der Nachfrage zum Ausdruck kommen, nur durch den Gesamtkomplex der Wertschöpfung befriedigt werden können, kann der Ausgleich nur in der Volkswirtschaft insgesamt herbeigeführt werden.
Aus den obigen Überlegungen geht hervor, daß das vorgeschlagene Modell der Arbeitszeitverkürzung nur im Rahmen einer kompletten Volkswirtschaft zu realisieren ist - aber auch nicht mehr, d.h. seine Einführung erfordert keine globale Abstimmung. Wenn es aber realisiert wird, dann ergibt sich das oben ermittelte Wachstum des BIP, und das kann heutzutage offenbar auf anderem Wege schon nicht mehr erreicht werden.
Der Aufwand der Unternehmer für die Beschäftigten besteht nicht nur im Bruttolohn, sondern im Arbeitsentgelt, das ist der Bruttolohn plus den Arbeitgeberanteilen an den Sozialbeiträgen. Diese betragen unter den Annahmen des obigen Zahlenbeispiels 20 % vom Bruttolohn. Das Arbeitsentgelt ist vor und nach der Arbeitszeitverkürzung also 20 % höher als der Bruttolohn. Der Zuwachs zum Arbeitsentgelt beträgt also ebenso 4.17 % wie beim Bruttolohn. An der Bilanz mit der Kaufkraft ändert sich damit nichts. Die Sozialbeiträge der Arbeitgeber verwandeln sich vermittels der Umverteilung durch den Staat ja ebenfalls in Einkommen und damit in Kaufkraft.
In der Realität bezahlt die Bundesanstalt für Arbeit außer dem ALG noch anteilig Sozialbeiträge von 20 % des ALG. Die Ausgaben für den Arbeitslosen in diesem Modell betragen also 1 008 €, die nach der Arbeitszeitverkürzung wegfallen. Diese vom Staat zusätzlich aufgebrachten 20 % des ALG verbleiben aber dem Staat, sie werden nur aus der Kasse der Bundesanstalt für Arbeit in die Kasse der Sozialversicherung transferiert, so daß sie in dieser Betrachtung nicht zu berücksichtigen sind.
Nach der gültigen Gesetzgebung ist die Bemessungsgrundlage der Beiträge zu den Sozialversicherungen der Bruttolohn. Wenn in unserem Modell der Arbeitszeitverkürzung die Bruttolöhne proportional zur Arbeitszeit abnehmen, verringern sich auch die Beiträge von jedem einzelnen Beschäftigten. Bezieht sich das auf die gesamte Volkswirtschaft gehen die Einnahmen der Sozialversicherungen zurück und ihre Leistungen können nicht mehr im vollen Umfang gewährleistet werden. Es ist also zu untersuchen, inwieweit die Einnahmen der Versicherungen zurückgehen, wobei zu berücksichtigen ist, daß auch von den Arbeitslosen bzw. der Bundesanstalt für Arbeit Versicherungsbeiträge abgeführt werden.
Der Faktor der Verkürzung der Arbeitszeit wurde in Abschnitt 3 angegeben und in Anhang 1 abgeleitet (siehe Gl. (3)). Um diesen Faktor verringern sich die individuellen Beiträge. Betrugen sie erst b , so schrumpfen sie auf vb, wobei wir unter b die Summe der Anteile von Arbeitgebern und Arbeitnehmern (je 50 %) verstehen wollen. Von den Arbeitslosen fallen Beiträge an, die gegenüber b um den Faktor l, dem Anteil des Arbeitslosengeldes vom Nettolohn, gekürzt sind, also l b betragen, wobei hier je die Hälfte vom Arbeitslosen und von der Bundesanstalt für Arbeit entrichtet wird. Vor der Verkürzung der Arbeitszeit nehmen die Sozialversicherungen folgende Beiträge ein:
Bz = z b + za lb , |
den ersten Teil von den z Beschäftigten und den zweiten von den za Arbeitslosen, danach
B0 = z0 v b |
von den z0 = z + za mit verkürzter Arbeitszeit Beschäftigten. Der Faktor der Veränderung Vg der Beitragssumme ist dann
Vg ===== | (5) |
Dieser Ausdruck ist das Produkt aus der Kaufkrafterhöhung Gl. (1) und der Arbeitszeitverkürzung v Gl. (3). Erstere ist größer 1, letztere kleiner 1. Das Produkt für die in den obigen Zahlenbeispielen angenommenen Parametern für z und l liegt bei etwa 0.977, d.h. es fehlen rund 2.3 % an der vollen Finanzierung der Sozialversicherungen mit einem Beitrag b , wie er für die ursprünglich vor der Arbeitszeitverkürzung Beschäftigten angesetzt worden war. Dieser Betrag kann aus der Arbeitslosenversicherung (z.Z. 6.5 % vom Bruttolohn) entnommen werden, die ja zum größten Teil nicht mehr benötigt wird, wenn die Arbeitslosigkeit auf der Basis dieses Modells wesentlich eingeschränkt worden ist. Die Beitragssätze für die Sozialversicherungen werden also um diese ca. 2.3 % erhöht, aber die Arbeitslosenversicherung entfällt im wesentlichen, so daß sowohl für Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber insgesamt ein Plus entsteht.
Wir hatten oben abgeleitet, daß die Einnahmen des Staates an Steuern und Sozialbeiträgen insgesamt genau wie die Kaufkraft ansteigen. Ein Teil dieses Anstiegs (rund die Hälfte) wird für die Erhaltung des Niveaus der Sozialbeiträge auf dem ursprünglichen Wert benötigt. Der Rest, auch der verbleibende Teil der Arbeitslosenversicherung, verbleibt dem Fiskus, so daß sich letztendlich eine Erhöhung der Steuereinnahmen von 2 -3 % ergeben wird. Das bezieht sich nur auf die Einkommenssteuer der unselbständig Beschäftigten. Entsprechend der höheren Umsätze der Unternehmen und der erhöhten Einnahmen aus der Mehrwertsteuer ergeben sich weitere Verbesserungen der Staatseinnahmen. Wegen der beschriebenen Umschichtungen für die Sozialversicherungen ist die Einführung unseres Modells in die Praxis ohne Änderungen in den Gesetzen über die Sozialversicherungen und des Steuersystems nicht zu machen. Daher ist die Beteiligung des Staates an der Umsetzung des Modells unbedingt erforderlich. Weitere Probleme der Einführung des Modells müßten in einem weiteren Papier diskutiert werden, wenn mit Vertretern der Praxis darüber ein eingehender Meinungsaustausch stattgefunden hat.
Zu der Notwendigkeit dieser Verkürzung der Arbeitslosigkeit sehen die Autoren keine Alternative - was noch ausführlich zu diskutieren ist, ist die Art der Einführung dieses Modells und seiner Anpassung an die weiter steigende Arbeitsproduktivität.
Zunächst stellen wir 2 Möglichkeiten vor, die von den Autoren unterschiedlich favorisiert werden.
Die erste Möglichkeit, das Modell in die Praxis einzuführen, besteht darin, die Verkürzung der Arbeitszeit und die Einstellung einer entsprechenden Zahl von Arbeitslosen per Gesetz anzuordnen. Das Gesetz könnte den Betriebsräten die Kontrolle über die tatsächliche in den Betrieben eingeführte Kürzung der Arbeitszeit und die Einstellung von Arbeitslosen übertragen. Weiterhin könnte geregelt werden, daß die Unternehmen erst dann in den Genuß der Verminderung der Sozialabgaben (Lohnnebenkosten) kommen, wenn sie nachweislich die entsprechende Zahl von Arbeitslosen eingestellt haben.
Eine zweite Möglichkeit, das Modell in die Praxis einzuführen, besteht darin, die Verkürzung der Arbeitszeit durch einen arbeitszeitabhängig Lohnsteuersatz für jeden erstrebenswert zu machen. Indirekt geschieht das jetzt schon durch die allgemeine Steuerprogression. Werden die Abgabengesetze (Lohnsteuer, Sozialversicherung usw.) entsprechend geändert, erhalten alle Arbeitnehmer bei zeitproportionalen Bruttolohn bei der volkswirtschaftlich sinnvollen Arbeitszeit den maximalen Nettolohn. Wer kürzer arbeitet, erhält natürlich weniger Nettolohn - wer länger arbeitet aber auch (siehe Anhang 3). In Einzelfällen besteht dieser Zwang zur Arbeitszeitverkürzung schon jetzt: In vielen Einrichtungen sind z.B. die Beiträge an den Bruttolohn gekoppelt. Das hat zur Folge das z.B. eine Erhöhung des Bruttolohns um 1000 € die Beiträge im Kindergarten um 1200 € (jeweils jährlich) erhöhen kann.
Das oben entwickelte Modell der Reduzierung der Arbeitslosigkeit durch Arbeitszeitverkürzung dient dazu, das gegenwärtige Ungleichgewicht in der Volkswirtschaft, das in der Diskrepanz zwischen dem Angebot an Wertschöpfung und der Nachfrage besteht, zu überwinden. Das Überangebot an Wertschöpfung wird üblicherweise durch die Entlassung von Beschäftigten in die Arbeitslosigkeit abgebaut. Dieses Vorgehen trägt in sich die Tendenz einer abwärts führenden Spirale. Denn Arbeitslosigkeit schränkt die Nachfrage ein, bringt die sozialen Sicherungssysteme in Schieflage, vermindert die Staatseinnahmen, vergrößert die Defizite der öffentlichen Haushalte und fördert damit weitere Arbeitslosigkeit usw.. Kurz: Durch die Arbeitslosigkeit wird das Ungleichgewicht verstärkt, die Volkswirtschaft wird immer labiler, die Konjunktur geht in die Knie, ein Zustand, den wir gegenwärtig erleben. Diese Labilität ist der kapitalistischen Wirtschaftsweise von Anfang an zu eigen. In periodisch wiederkehrenden Wirtschaftskrisen implodiert das System, vernichtet dabei riesige Mengen an Kapital, Produktionskapazität und menschlichem Arbeitsvermögen und bringt für große Menschenmassen Not, Elend und Verzweiflung, wenn nicht die herrschenden Kreise sogar den Ausweg im Krieg suchen.
Wenn man einen entsprechenden Konsens zwischen Unternehmerschaft, Gewerkschaften und Staat erreichen könnte, würde es unser Modell ermöglichen, diesen Zustand der Labilität zu überwinden. Die zurückgewonnene Stabilität ist aber immer wieder bedroht. Ursache dafür sind Probleme der Strukturwandlung, die bestimmte Wirtschaftszweige zurückgehen und andere emporschnellen lassen, Erschöpfung von Ressourcen, Wandlungen in der Struktur der Nachfrage, Absättigung bestimmter Märkte u.a.. Solche gewissermaßen lokalen Ungleichgewichte müssen ständig beobachtet werden und rechtzeitig ausgeglichen werden.
Eine ständige und umfassend wirkende Quelle der Instabilität ist die an und für sich erwünschte und für den Fortschritt der Produktivkräfte unerläßliche Entwicklung der Arbeitsproduktivität. Dieser unaufhaltsame Fortschritt ist einerseits Quelle neuen gesellschaftlichen Reichtums, ermöglicht die erweiterte Reproduktion, und wird andererseits zum Fluch, wenn es nicht gelingt, den neuen Reichtum an den Mann zu bringen, d.h. wenn die zahlungskräftige Nachfrage nicht nachzieht.
Für die zusätzlich mögliche Wertschöpfung gibt es mehrfache Verwendungsmöglichkeiten: 1. Erhöhung der Einkommen der unselbständig Erwerbstätigen, 2. Erhöhung der Gewinne der Unternehmen, 3. Erhöhung der Staatseinnahmen und 4. Verkürzung der Arbeitszeit.
Die Gesellschaft hat die Freiheit, zwischen diesen Möglichkeiten zu wählen oder besser zwischen allen einen austarierten Pfad der Verteilung zu suchen, der den Bedürfnissen der sozialen Entwicklung optimal gerecht wird. Die Erhöhung der Einkommen der Beschäftigten stärkt unmittelbar die Kaufkraft auf dem Konsumsektor und kommt den Unternehmen durch erhöhten Umsatz zu Gute. Die Erhöhung der Gewinne dient der Erhöhung der Kaufkraft der eigentlich bereits ausreichend vermögenden Schichten, aber auch den Investitionen zur Rationalisierung und der Erweiterung der Produktion. Die Erhöhung der Staatseinnahmen ist für die gesamte Gesellschaft ein kategorisches Muß. Der gegenwärtige Zustand völlig zerrütteter Staatsfinanzen führt bereits zu einschneidenden Einschränkungen bei der Reproduktion der Infrastruktur und der Bildungs- und Gesundheitssysteme. Es dürfte eine fatale Dummheit sein, wenn Einige ständig das Herunterfahren der Staatsquote gefordert wird. Andererseits beklagen die selben Verluste in der Qualität des Wirtschaftsstandortes Deutschland, worunter sie paradoxer Weise die nach ihrer Meinung zu hohen Steuern und Abgaben verstehen. Wenn die Infrastruktur aber nicht mehr auf dem erforderlichen Stand gehalten werden kann und das Bildungssystem nicht mehr in der Lage ist, den Unternehmen die benötigten qualifizierten Fachkräfte zur Verfügung zu stellen, dann haben sich die Unternehmen mit ihrer Forderung selbst den Ast abgesägt, auf dem sie sitzen.
Die vierte Möglichkeit des Ausgleichs ist die Verkürzung der Arbeitszeit. In dem Zustand der Stabilität, ohne nennenswerte Arbeitslosigkeit, ist es jetzt aber nicht mehr möglich, den Bruttolohn entsprechend der Verkürzung der Arbeitszeit zu vermindern und neue Leute einzustellen. Das ist auch nicht mehr nötig, da die erhöhte Produktivität dafür sorgt, daß die Produktion und damit der Bruttolohn konstant bleiben kann. Die Verkürzung der Arbeitszeit bringt der Gesellschaft ebenfalls vielfältigen Nutzen. Es geht ja nicht darum, stur die Wochenarbeitszeit herunterzufahren. Man sollte hier flexibel vorgehen und beachten, daß diese Verkürzung z.B. auf die Gewährung von mehr Freizeit für Familien mit Kindern, für die Qualifizierung der Beschäftigten oder für mehr Urlaub umgelegt werden kann. Ersteres könnte die demografische Reproduktion der Bevölkerung fördern. Die Qualifizierung kommt den Unternehmen zu Gute und eine intensivere Regeneration der Arbeitskräfte in Form verbesserter Arbeitsproduktivität ebenfalls.
Angesichts dieser Zusammenhänge erscheint der gegenwärtig in der Politik ausschließlich propagandierte Weg der Senkung der Arbeitsentgelte durch Billigjobs, Leiharbeit, Senkung der Sozialabgaben usw. mit dem angeblichen Ziel der Reduzierung der Arbeitslosigkeit als vollkommener Unsinn (siehe auch Abschnitt 9). In jeder Nummer der Bundesbankberichte wird in den Konjunkturberichten gejammert, daß die Binnennachfrage nicht anspringt und damit die Konjunktur nicht aus der Hüfte kommt. Aber Einige denken weiterhin, daß die Einschränkung der kaufkräftigen Nachfrage der Bevölkerung aus der Krise helfen kann. Dabei hat das nun bereits seit 12 Jahren laufende Großexperiment des Lohndumpings in den neuen Bundesländern weder die Arbeitslosigkeit reduziert, noch sind Heerscharen von Investoren in das Billiglohnland des Ostens gezogen, noch hat es das versprochene Wachstum gegeben. Andererseits kann man auch an die Zeit des Wirtschaftswunders erinnern. Damals hat die Wirtschaftspolitik es verstanden, die ständigen Zuwächse an Produktivität in Lohnzuwächse, Erhöhung der Staatsausgaben für Infrastruktur, Volksbildung und soziale Zwecke und, nicht zu vergessen, auch in Unternehmerprofite umzumünzen. Resultat war ein heute schon nicht mehr vorstellbar hohes Wachstum. Alle Erfahrung zeigt aber, daß das Abwälzen der Schwierigkeiten auf die unselbständig Erwerbstätigen und andere sozial weniger vermögende Schichten die Krise nur verschärft.
Schöpft man mit den genannten vier Möglichkeiten die Erhöhung der Arbeitsproduktivität aus, kann ein wiederholtes Abgleiten in eine labile Wirtschaftslage verhindert werden. Vor allem läßt sich damit die Geißel der Arbeitslosigkeit weitestgehend vermeiden. Dazu müßte in bestimmten Zeitabständen nach vorliegenden Daten der Entwicklung der Arbeitsproduktivität ein Konsens zwischen Unternehmen, Gewerkschaften und Staat über die günstigste Verteilung der neu gewonnen Spielräume erreicht werden. Optimum der Verteilung heißt, es wird eine ausgewogene Entwicklung der Gesellschaft in allen ihren Zweigen erreicht. Z.B. muß gewährleistet werden, daß die Entwicklung der Wirtschaft nicht durch Defizite im Bildungs- und Gesundheitswesen oder in der Infrastruktur behindert wird. Andererseits darf eine überzogene Staatsquote die Möglichkeiten der Unternehmen für Investitionen nicht einschränken. Auch der demografischen Entwicklung muß ausreichend Rechnung getragen werden usw..
Unser Modell steht zwar zur Einführung zum jetzigen Zeitpunkt zur Diskussion, aber die Grundlagen des Modells lassen eine laufende Anpassung an die schnell steigende Arbeitsproduktivität und die langsam steigende Nachfrage zu. Aber in diesem Zusammenhang soll auch auf die laufenden Veränderungen zwischen den einzelnen Zweigen der Wirtschaft (wie sie bisher geschehen sind und auch in Zukunft geschehen werden) hingewiesen werden. In diesem Zusammenhang ergibt sich, daß die relative Abgabenbelastung in Zukunft (wie auch bisher) laufend steigen muß. Aber - mit der Anwendung unseres Modells bedeutet das keine Verringerung des Nettolohns, sondern dessen Steigerung.
Die Entwicklung der Arbeitsproduktivität entwickelt sich in den verschiedenen Zweigen unterschiedlich. In den steuerfinanzierten Bereichen (Verkehrsbau, Medizin usw.) ist sie besonders gering, in den nicht steuerfinanzierten Bereichen (Halbleiterindustrie usw.) besonders hoch. Da von den Erwerbstätigen im steuerfinanzierten Bereich die Abgaben vom Lohn wieder in den Topf fließen aus dem der Lohn gezahlt wird, ist dieser Teil des Lohnes in diesem Bereich ein Nullsummenspiel. Der Rest des Lohnes muß aus den Abgaben der nicht steuerfinanzierten Bereiche aufgebracht werden. Da sich wegen der unterschiedlichen Entwicklung der Arbeitsproduktivität in diesen beiden Bereichen das Verhältnis der Erwerbstätigen zwischen den beiden Bereichen für ein volkswirtschaftliches Gleichgewicht ändern muß (es kann nicht die Arbeitszeit in dem einem Bereich wesentlichen herab und in dem anderen Bereich wesentlich heraufgesetzt werden), müssen immer weniger Beschäftigte im nicht steuerfinanzierten Bereich immer mehr Beschäftigte im steuerfinanzierten Bereich finanzieren. Da dies über die Abgaben geschieht, ist ein relatives und absolutes Ansteigen der Abgaben unausweichlich - Reden über die Verminderung der Steuern zur Ankurbelung der Wirtschaft sind also völliger Blödsinn und sogar kontraproduktiv. Der Verstoß gegen das Erfordernis von mehr Beschäftigten im steuerfinanzierten Bereich hat z.B. zu den untragbaren Arbeitszeiten der Ärzte in den Krankenhäusern geführt.
Da einige glauben, jede Steuererhöhung reduziert den Reallohn (also daß, was man sich vom Nettolohn kaufen kann) muß eindeutig gesagt werden: da diese Steuererhöhung aus der Erhöhung der Arbeitsproduktivität resultiert, würde jede Beschneidung des Reallohns wieder kontraproduktiv sein.
Der genaue Mechanismus ist leider etwas kompliziert. Zur Erklärung 2 Wege.
Die Unterschiede in der Entwicklung der Arbeitsproduktivität in den verschiedenen Bereichen sind kein Grund, in den verschiedenen Bereichen unterschiedliche Arbeitszeiten zu favorisieren. Sie sind eher ein Grund ggf. auch in den Bereichen in denen traditionell keine Schichtarbeit erfolgt, doch ggf. mit Schichtarbeit anzufangen.
Im Rahmen der Diskussion zur Lage der Nation [10] hat Herr Müntefering (SPD) wieder die Erhöhung des Rentenbeginnalters in die Diskussion eingeworfen. Ist das sinnvoll? Abgesehen von den ethischen Bedenken - unser Modell zeigt auch wieder, daß das eine weitere Erhöhung der Arbeitslosenrate zur Folge hätte. Denn genau es tritt dabei der selbe Effekt wie bei einer aktionistischen Beschäftigung von Arbeitslosen ein: die Erhöhung der Kaufkraft ist geringer als die zusätzliche Produktion (dieses Ungleichgewicht wird ja durch die Arbeitslosigkeit "gelöst"). Aber mit unserem Modell könnte die bei der Erhöhung der Altersgrenze notwendige Verringerung der Arbeitszeit und die dabei eintretende Verringerung der Abgaben berechnet werden.
Aber - wie bereits beschrieben - als Zwang ist die Erhöhung aus ethischen Gründen abzulehnen, aber wer freiwillig länger arbeiten will, soll das auch können - aber auch mit der verkürzten Arbeitszeit.
Ein weiterer (z.B. in [10] von Westerwelle -FDP) gebrachter Vorschlag betriebliche Lohnkürzungsvereinbarungen zu sanktionieren ist kontraproduktiv. Es hört sich zwar demokratisch an, wenn dem angeblichen überwiegendem Willen der Belegschaft gefolgt werden soll, es ist aber trotzdem Unsinn. Aus 2 Gründen.: erstens kann von einer "freiwilligen" Entscheidung der Belegschaft gar nicht gesprochen werden, da die Erpressung mit einer möglichen Arbeitslosigkeit ein solcher Willen nicht freiwillig ist und zweitens sinkt mit dem geringeren Einkommen die Kaufkraft - wer soll dann die teuren Produkte kaufen. Entweder der Betrieb ist konkurrenzfähig oder nicht. Und ein verlangsamtes Sterben des Betriebes ist keine Lösung. Mit unserem Modell ist dann die "Trennung von Spreu und Weizen" einfacher.
Sollten es widerstreitende Interessen nicht zulassen, einen solchen Konsens zu finden, wird die Volkswirtschaft wieder auf einen Kurs in die Labilität geraten, der dann doch durch die Anwendung unseres Modells korrigiert werden muß. Die Chancen für einen Konsens bestehen teilweise schon. Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer schrieb in [8]: "Zum zweiten glaube ich persönlich, daß es auf lange Sicht wegen der Produktivitätsfortschritte ohne eine gerechtere Verteilung der Arbeit durch Arbeitszeitverkürzung nicht gehen wird." Auch andere sind auch darauf gekommen, daß nur dieser Weg möglich ist [9], wenn auch nicht alle Konsequenzen übersehen wurden.
Die Zahl der Beschäftigten sei z und ihr durchschnittlicher Nettolohn betrage n. Die Summe der durchschnittlichen Nettolöhne beträgt dann
N = z n. |
Die Zahl der Arbeitslosen bezeichnen wir mit za. und das durchschnittliche Arbeitslosengeld betrage a. Die Summe der durchschnittlichen Arbeitslosengelder ist dann
A = za a = za l n, |
da das Arbeitslosengeld a der Prozentsatz l vom Nettolohn n ist, wobei l < 1 ist und etwa 0.6 beträgt. Die Zahl der insgesamt vorhandenen Erwerbspersonen ist z0 = z + za . Ihre Kaufkraft ist gleich der Summe der Nettolöhne und der Arbeitslosengelder:
Kz = N + A = z n + za a = n ( z + l za). |
Mit dem Index z bezeichnen wir die Größen für den Zustand mit z Beschäftigten und mit dem Index 0 den Zustand der Vollbeschäftigung nach der Verkürzung der Arbeitszeit.
Nach unserem Modell sollen alle Arbeitslosen beschäftigt werden und alle dann z0 Beschäftigten erhalten den gleichen durchschnittlichen Nettolohn n. Dann beträgt die Kaufkraft
K0 = z0n. |
Da l < 1 ergibt sich eine Steigerung der Kaufkraft (Nachfrage) Kg um den Faktor:
Kg = = = = = = |
Kg = = | (1) |
Sie ist damit auf die beiden universellen Parameter des Problems l, des Anteils des Arbeitslosengeldes vom Nettolohn, und z , der Arbeitslosenquote, zurückgeführt. Nach dem obigen Zahlenbeispiel (Abschnitt 2) erhält man mit l = 0.6 und z = 1/10 = 0.1
Kg = = 1.0417 |
wie oben aus den Tabellen.
Die Produktion von z Beschäftigten drücken wir durch ihren Bruttolohn aus
Pz = z b, |
mit b, dem durchschnittlichen Bruttolohn. Das ist allerdings eine allzu grobe Vereinfachung, die in Abschnitt 4. diskutiert wurde. Nach Einstellung der za Arbeitslosen erhöht sich die Produktion auf
P0 = ( z + za ) b = z0 b |
Der Faktor der Erhöhung beträgt:
Pg = = = = | (2) |
Wie in dem Zahlenbeispiel in Abschnitt 2 ist:
Pg = = = 1.1111 |
Jetzt ist die Verkürzung der Arbeitszeit zu berechnen: Wir müssen also die Produktion (Bruttolohn) Gl. (2) nicht entsprechend der Beschäftigtenzahl, sondern entsprechend der Kaufkraftsteigerung nach Gl. (1) erhöhen. Das erreichen wir durch die Verkürzung der Arbeitszeit im Verhältnis , also um den Faktor v:
n = = | (3) |
Mit z = 0.1 und l = 0.6 erhalten wir wie oben den Wert v = 0.9375.
Die Unternehmer müssen jetzt folgenden Bruttolohn aufbringen
B0 = z0 v b |
Gegenüber der vorher gezahlten Bruttolohnsumme Bz = z b ergibt das einen Zuwachs um den Faktor Bg:
Mit v entsprechend Gl. (3) ergibt sich:
Bg = = = Kg | (4) = (1) |
Dieser Faktor ist genau gleich dem Faktor des Zuwachses der Kaufkraft nach Gl. (1). (Die Gleichsetzung von Produktion = Bruttolohn = Kaufkraft ist, wie oben schon vermerkt so ohne weiteres nicht korrekt. Siehe dazu Abschnitt 4!)
Damit ist allgemein gezeigt, daß mit Hilfe der Verkürzung der Arbeitszeit nach Maßgabe der Erhöhung der Kaufkraft bei Einstellung aller Arbeitslosen der Produktionszuwachs mit dem der Kaufkraft bilanziert und damit die Unternehmen keine Verluste erleiden, sondern sogar eine Erhöhung ihres Umsatzes erreichen, auch wenn der Nettolohn erhalten bleibt.
Es bleibt, die Abgaben für Steuern und Sozialbeiträge S vor und nach der Arbeitszeitverkürzung zu bilanzieren. Nach unseren bisherigen Bezeichnungen gilt (Bruttolohn b minus Steuern s gleich Nettolohn n)
z ( bz - sz) = z n |
vor der Verkürzung der Arbeitszeit und (Der Nettolohn ist per Aufgabenstellung vor und nach der Arbeitszeitverkürzung gleich n.)
z0 (b0 - s0) = z0 ( v bz - s0 ) = z0 n |
danach, wobei v bz der Bruttolohn für die verkürzte Arbeitszeit darstellt. Den Index z bei b können wir fortan weglassen, da die Bruttolöhne vor und nach der Verkürzung der Arbeitszeit mit b und vb unterschieden sind. Vor Verkürzung der Arbeitszeit werden die Staatseinnahmen durch die notwendige Zahlung des Arbeitslosengeldes za l n geschmälert, d.h. beziffern sich auf
S z = z b - z n - za l n = z ( b - n ) - za l n |
danach auf
S 0 = z0 v b - z0 n = z0 ( v b - n) |
Ob der Staat in diesem Modell zuzahlen muß oder Gewinn macht, ergibt sich aus dem Verhältnis Sg:
Sg = = = |
Wir kürzen durch z0 und führen, wie oben, für = z ein:
Sg = |
Hier kann v nach Gl. (3) eingesetzt werden. Nach einigen Umrechnungen erhalten wir ein recht übersichtliches Resultat:
Sg = | = |
Einige Umstellungen im Zähler ergeben:
Sg = = = Kg | (5) = (1) |
Hier kürzt sich der Zähler gegen die geschweifte Klammer im Nenner und wir erhalten mit Gl. (5) den gleichen Ausdruck wie Gl. (1), also genau den gleichen Zuwachsfaktor wie für die Kaufkraft.
Das Modell führt also zu einem Zuwachs der Staatseinnahmen um den gleichen Faktor wie bei der Kaufkrafterhöhung und der Produktion. Interessant ist, das alle drei Zuwächse nur von zwei Größen abhängen, nämlich der Arbeitslosenquote und der Höhe des Arbeitslosengeldes.
Damit wurde gezeigt, daß die Reduzierung der Arbeitslosigkeit auf Kosten der Verkürzung der Arbeitszeit bei gleichzeitigem Erhalt des Nettolohnes aller Beschäftigten möglich ist und insgesamt zu einem Zuwachs an Wirtschaftskraft führt, was auch verständlich ist, da mehr Menschen in Beschäftigung stehen und die unproduktiven Ausgaben für die Arbeitslosigkeit entfallen.
Bei der Ableitung der Formeln für das Modell in Anhang 1 Gl. (1) - (5) wurde mit dem einheitlichen durchschnittlichen Nettolohn n gerechnet. Das ermöglicht z.B. bei der Ableitung von Gl. (1) das Kürzen des Nettolohnes in dem Ansatz für K0 /Kz . In der Realität hat man aber in der Regel den Fall, daß niedriger bezahlte Beschäftigte mit geringerer Qualifikation eher der Arbeitslosigkeit zum Opfer fallen als hochqualifizierte und deshalb höher dotierte. Bei Wiedereinstellung der Arbeitslosen werden diese auch wieder einen geringeren Durchschnittsnettolohn erhalten. Um diesen Sachverhalt auszudrücken, müssen wir die Beschäftigten in zwei Gruppen z und za aufteilen mit den entsprechenden durchschnittlichen Nettolöhnen n und na . Dann müssen wir für die Kaufkraft vor und nach Verkürzung der Arbeitszeit schreiben (Gestrichene Größen gelten für den Fall der differenzierten Löhne):
Kz´ = z n + za l na |
K0´ = z n + za na. |
Das Verhältnis wird dann:
K'g = = |
Wir kürzen hier durch n und z0 und bezeichnen das dabei auftretende Verhältnis als Lohndifferenzierung mit d:
K'g = = = = | (6) |
In dieser Gleichung ist im Nenner berücksichtigt, daß das Arbeitslosengeld für diese Gruppe von Erwerbstätigen um den Faktor der Lohndifferenzierung d geringer ist als bei einem allgemeinen durchschnittlichen Nettolohn und im Zähler wird ausgedrückt, daß die neu Eingestellten einen um den Faktor d geringeren Lohn erhalten als die schon Beschäftigten. Mit d = 1, d.h. gleiche Nettolöhne für alle ergeben sich Gl. (1). Zähler und Nenner in Gl. (6) unterscheiden sich nur durch das l < 1 im Nenner. Damit wird der Nenner kleiner als der Zähler, d.h. K'g > 1, was ein Anwachsen der Kaufkraft bedeutet, allerdings etwas reduziert gegenüber dem Fall gleichen durchschnittlichen Nettolohnes. Mit d = 0.8 ergibt sich eine Erhöhung der Kaufkraft von 1.0338 gegenüber 1.0417, wenn man ansonsten die Daten aus dem Zahlenbeispiel aus Abschnitt 2 benutzt.
Als nächstes wird der Zuwachs der Produktion ausgerechnet, der durch die Einstellung von za Arbeitslosen mit dem differenzierten Nettolohn d n und dem entsprechenden Bruttolohn d b entsteht. Gemäß dem Verfahren der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen schlägt die zusätzliche Produktion nur mit dem reduzierten Bruttolohn bzw. Arbeitsentgelt zu Buche. Wie oben im Anhang 1 haben wir bei z Beschäftigten die Produktion
Pz = z b . |
Nach Einstellung der za Arbeitslosen ergibt sich
P0´ = z b + za d b . |
Der Faktor der Produktionserhöhung P'g errechnet sich damit aus:
P'g = = = |
Kürzen durch b und z0 ergibt:
P'g = = | (7) |
Im Vergleich zu Gl. (2) haben wir ein Zusatzglied, mit dem die Lohndifferenzierung berücksichtigt wird, das für d = 1 entfällt, womit wir auf Gl. (2) zurückkommen
Für die Verkürzung der Arbeitszeit v´ vergleichen wir wieder den Kaufkraftzuwachs mit der Produktionserhöhung:
n' = = x = | (8) |
Den Faktor des neuen Bruttolohns B'g, den die Unternehmen aufzubringen haben, wenn die za Arbeitslosen mit dem Bruttolohn d b mit der um v´ verkürzten Arbeitszeit eingestellt werden, erhalten wir wie folgt:
B'g = = = = = |
Mit v´ aus Gl. (8) erhalten wir:
B'g = x = = K'g | (9) = (6) |
Gl. (9) ist identisch mit Gl. (6) für den Faktor des Kaufkraftzuwachses.
Die zusätzlichen Einnahmen des Staates (Steuern plus Sozialbeiträge) erhalten wir wie im Anhang 1 aus der Differenz der Brutto- und Nettolöhne, wobei zu berücksichtigen ist, daß die Abgaben bei reduzierten Löhnen etwa um den Faktor d verringert sind. Bei z Beschäftigten sind die Abgaben
z s = z b - z n. |
Wegen der zu zahlenden Arbeitslosengelder verbleiben im Staatssäckel
Sz´ = z b - z n - za d l n = z b - ( z + za d l) n . |
Nach der Arbeitszeitverkürzung erhält der Staat
S'0 = z v´b + za v´d b - z n - za d n = v´b ( z + za d ) - ( z + za d) n |
Die Staatseinnahmen vermehren sich nach der Arbeitszeitverkürzung und Einstellung der Arbeitslosen um den Faktor:
S'g = = |
Mit der Gesamtzahl der Beschäftigten z0 und der schon verwendeten Abkürzung = z können wir schreiben:
S'g = = = |
Führen wir hier den Faktor v´ nach Gl. (8) ein ergibt sich:
S'g = |
Den Nenner von v´ bringen wir unter den Bruchstrich:
S'g = |
Hier kürzen sich die geschweiften Klammern in Zähler und Nenner und es verbleibt:
S'g = = K'g | (10) = (6) |
d.h. der Gewinn des Staates ist gleich dem Gewinn an Kaufkraft, auch wenn die mittleren durchschnittlichen Löhne von Beschäftigten und Arbeitslosen differieren.
Wir können feststellen, daß auch im Falle unterschiedlicher durchschnittlicher Löhne von Beschäftigten und den von der Arbeitslosigkeit betroffenen Erwerbspersonen die Bilanz der Größen Kaufkraft, Bruttolohnsumme, Produktion, Arbeitszeitverkürzung und Staatseinnahmen erhalten bleibt. Die Einführung des Modells in die Praxis kostet also nichts, weder den Unternehmen noch dem Staat, sondern bringt zusätzlichen Gewinn und ein Mehr an Wirtschaftskraft
Soll auch das Interesse der Erwerbstätigen an einer sinnvollen Arbeitszeit geweckt werden, ist die Abgaben (im weiteren zusammengefaßt als Jahresbesteuerung) so festzulegen, daß der maximale Nettolohn bei der sinnvollen Jahresarbeitszeit erreicht wird, d.h. die Steuerprogression muß dafür entsprechend geändert werden. Und durch eine im Gesetz eingearbeitete Änderungsklausel wird das - an die im Laufe der Jahre - steigende Arbeitsproduktivität angepaßt.
Da sich im Laufe eines Jahres der Lohn ändern kann, sollte zunächst aus dem Bruttolohn Bj und Jahresarbeitszeit tj der ein fiktiver durchschnittliche Stundenlohn L im Jahr errechnet werden:
L = | (11) |
Zu jedem L sollte eine Progressionstabelle existieren, in der bei der sinnvollen Arbeitszeit die Steuerprogression so ist, daß bei längerer Arbeitszeit die Steuer den Mehrverdienst auffrißt. Dadurch besteht ein Interesse des Arbeitnehmers nicht länger als sinnvoll zu möglichst hohen Bruttolöhnen (Stichwort Kaufkraft) zu arbeiten. Wer keinen Stundennachweis bringen kann (Selbständige usw.) muß eben den jetzigen hohen Steuersatz (oder einen noch höheren entrichten).
Welchen Anforderungen muß die Progressionsfunktion als Grundlage einer Steuertabelle genügen? Wird davon ausgegangen, daß Bruttolohn B und Arbeitszeit t proportional sind (Proportionalitätsfaktor ist L) so sollte die Progressionsfunktion eine Funktion sein, deren Anstieg unterhalb der sinnvollen Arbeitszeit zunimmt, bei der sinnvollen Arbeitszeit ts gerade den Anstieg L hat, oberhalb der sinnvollen Arbeitszeit einen größeren Anstieg als L hat und natürlich nie größer als der Bruttolohn wird.
Weitere Forderungen können sinnvoll sein. Z.B. erst bei einer gewissen Bruttolohnsumme (= entsprechende Jahresarbeitszeit) überhaupt mit der Steuererhebung zu beginnen (wie auch jetzt schon) und den weiteren Anstieg nach der sinnvollen Arbeitszeit langsam zu machen.
Zur Vereinfachung der Darstellung der Progressionsfunktion ist eine normierte Darstellung sinnvoll. Gewählt werden folgende Bezeichnungen:
S: Steuerprogression, Ss: Steuer bei der sinnvollen Arbeitszeit, p: Parameter zur Anpassung an L, a: Abklingparameter, x = = , s = , u = .
In (12) ist u der Steuersatz bei der sinnvollen Arbeitszeit (in unserem Beispiel ist u = 23 %)
Mit diesen Normierungen wird:
B = L t = L ts x |
S = s L ts | (13) |
Daraus ergibt sich:
= = L | (14) |
Aus der Forderung = L bei der sinnvollen Arbeitszeit (ts) folgt:
= L = L Þ =1 | (15) |
In der normierten Form lauten jetzt die Forderungen an die Progressionsfunktion: Es wird eine Funktion s gesucht, bei der stetig steigend ist, an der Stelle x = 1 die Steigung 1 hat und den Wert x nie überschreitet. Diese Forderungen erfüllen beliebig viele Funktionen.
Ein Beispiel soll genügen. Für Zeiten unterhalb der sinnvollen Arbeitszeit, d.h. x £ 1 wird eine Potenzfunktion angesetzt. Mit der Forderung s(1) = u ist folgender Ansatz sinnvoll:
s = u xp | (16) |
Die Forderung (15) ergibt damit:
= u p xp - 1|x = 1 = u p = 1 Þ p = | (17) |
Für Zeiten oberhalb der sinnvollen Arbeitszeit, d.h. x ³ 1 ist die Potenzfunktion nicht geeignet, da diese irgendwann größer als x wird.
Eine Funktion für x > 1 wäre z.B.:
s = x - | (18) |
Die Kurve erfüllt bei beliebigen Parameter a alle Bedingungen: s (1) = u, |x = 1 = 1 und s < x für alle x > 1. Beispielsweise kann gewählt werden a = 8 u.
Nachfolgend sind diese Funktionen für einige Werte des Steuersatzes u dargestellt. Als Erstes das Nettoeinkommen als Funktion der Arbeitszeit. Bei kleinen Arbeitszeiten wird so gut wie keine Steuer gezahlt und das maximale Einkommen wird bei der sinnvollen Arbeitszeit erreicht
Ein Auszug für kleine Zeiten ist nachfolgend:
Oder die Steuerprogression zum jeweiligem Brutto
[1] Zwickel, K.: Statement für die Pressekonferenz am 22. Okt. 2001 in Frankfurt am Main - die Zukunftsdebatte der IG Metall.
[2] Miegel, M. u.a.: Arbeitslosigkeit in Deutschland - Folge unzureichender Anpassung an sich ändernde wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedingungen. Gutachten im Auftrag der Ernst Freibergerger-Stiftung, IWG Bonn 2001
[3] Ebel, J.: Arbeitsproduktivität gibt Raum für Alternativen. In: Bischoff, J. / Steinitz, K.: Linke Wirtschaftspolitik. VSA-Verlag 2003
[4] Hartz, Peter u.a.: Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt. Vorschläge der Kommission 2002
[5] Ebel, Jochen: Hartz, Miegel und Arbeitslosigkeit. Im Diskussionsforum der MAZ vom 26.08.2002 (evtl. unter Stichwortsuche "Miegel")
[6] ... Hartz im Detail und im Osten. Unterlagen zur Veranstaltung 27.08.2002 im Abgeordnetenhaus von Berlin
[7] Stat. Jb. der BRD, Kap. 24, 24.0 Vorbemerkungen.
[8] Sommer, M u.a.: Chat im Internet zu und nach der Sendung "Sabine Christiansen" am 09.03.2003: "Weder Bündnis noch Arbeit - Schröder allein zu Haus?"
[9] Gribs, Rainer: Das Gribs-Konzept.
[10] Diskussion zur Lage der Nation. Deutscher Bundestag 14.03.03
[11] Ebel, J.: Prognose Arbeitsdaten.
[12] Angaben des Statistischen Bundesamtes.
[13] Bundesanstalt für Arbeit: Geschäftsbericht 2001.
[14] Zinn, K. G.: Wie Reichtum Armut schafft. PapyRossa Verlag GmbH & Co. KG, Köln, 2003.
eMail an ein Mitglied der Hartz-Kommission
Absender: | "Jochen Ebel" <03384540000-0001@t-online.de> | |
Empfänger: | "Werner Prof. Jann" <jann@rz.uni-potsdam.de> | |
Kopieempfänger: | (gelöscht) | |
Datum: | 28. Aug 2002 14:34 | |
Betreff: | Arbeitslosigkeit |
Dipl.-Physiker Jochen Ebel | Borkheide, 28.08.02 | |
Am Haselnußstrauch 2 | ||
14822 Borkheide | ||
Tel./ Fax: 033845/40000 | ||
Email: JEbel@t-online.de | ||
URL: http://JEbel.bei.t-online.de |
Sehr geehrte Frau Doktor, sehr geehrter Herr Professor,
ich war gestern auch in dem Fachgespräch und mein Diskussionsbeitrag war wegen seiner Kürze schwer verständlich und Sie wollen auch nicht mehr wissen (oder bezweifeln überhaupt, es zu verstehen). Aber vielleicht lesen Sie das Nachfolgende doch durch.
Mit freundlichen Grüßen
Jochen Ebel
Wie Arbeitslosigkeit verringern oder fast beseitigen?
In den vergangenen 150 Jahren ist die Arbeitszeit von der fast 100-h-Woche (7 Tage a' 16 h) auf eine ca. 33-h-Woche zurückgegangen bei steigendem Verbrauch. Prof. Miegel (IWG Bonn) jetzt: von 1900 bis heute ist die Arbeitszeit auf fast genau die Hälfte gesunken, die Produktivität auf das 6-fache gestiegen. Durch die Verkürzung blieben Produktion und Verbrauch näherungsweise im Gleichgewicht - aber auf einmal soll das nicht mehr gelten??? Die Praxis zeigt doch, daß das weiter gilt, wenn auch gespalten: die Einen arbeiten mit alter Arbeitszeit weiter, die anderen haben 0 Arbeitszeit. Im Mittel sinkt also die Arbeitszeit weiter.
Mit einem Effektivitätsschub durch Hartz wird also die mittlere Arbeitszeit weiter sinken - bei keinen weiteren Änderungen also die Arbeitslosigkeit steigen. Beim Vergleich mit der Badewanne: wenn durch Hartz sowohl der Zulauf- als auch der Ablaufschlauch nur größeren Durchmesser bekommen, ändert sich nichts am Wanneninhalt. Nur wenn der Zulaufschlauch jetzt ein klein wenig dicker wird, läuft die Wanne schneller über.
Aber das Zahlenmaterial zeigt, daß es schon jetzt kein Problem ist, die Arbeitslosigkeit zu beseitigen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Und die Rahmenbedingungung lautet hier: die Abgabengesetze. Den Rest wird der Markt schon richten - eine Formulierung, die immer wieder gebraucht wird, die ich aber im Hartz-Papier nicht gefunden habe.
Das die Divergenz von Angebot und Nachfrage der wesentliche Grund für die Arbeitslosigkeit ist, zeigt nachfolgende Abschätzung mit den gegenwärtigen Zahlen: 90% Normalarbeitende und 10% Arbeitslose mit 60 % Arbeitslosengeld gegenüber den Normalarbeitenden. Von jetzt als 100% angenommen, steigt die Produktion bei Normalarbeit Aller auf 111% (1/90%), aber die Kaufkraft nur auf 104% (1/96%, 96% als Durchschittsnettobezüge von 9 AN a' 100 % und 1 AL a' 60%). Es würde also ein Auseinanderklaffen von Produktion und Verbrauch entstehen. Wegen der geringeren Kaufkraftsteigerung, darf die Produktion also auch nur auf 104 % gesteigert werden.
Bei steigender Produktivität entsteht eine noch größere Divergenz, die nur durch kürzere Arbeitszeit (auf z.Z. 93,8% - wegen 104 % *90%/100%) zu lösen ist. Ich habe noch keine andere überzeugende Lösung gesehen oder gefunden.
Nun erhebt sich die Frage, ob die Arbeitszeitverkürzung kostenneutral zu haben ist: Ja - sogar noch besser, sie spült noch mehr Geld in die Bundeskassen und erhöht auch die Gewinne der Unternehmen.
Zum Beweis ein paar weitere Zahlen. Fast schon ohne Berücksichtigung der Kaufkraftsteigerung ist das kostenneutral. Nach dem Hartz-Papier S.33 sparen 2 Mill. AL 19,6 Mrd. (4 Mill. AL also 39,2 Mrd ), nach Seite 37 kosten die AL sogar 67 Mrd. . Pro AN (insgesamt 36 Mill.) und Monat sind das Belastungen von 155 . Fällt diese Belastung weg, kann den Arbeitnehmern den bisherigen Nettolohn bei sinkendem Bruttolohn erhalten, dazu kommen noch die Abgaben des bisherigen Arbeitslosen. Der Anteil der Unternehmen an den Kosten der Arbeitslosigkeit ist dabei noch nicht einmal berücksichtigt - diese bisherigen Kosten bleiben den Unternehmen als zusätzlicher Gewinn.
Noch deutlicher wird das Ganze, wenn man mal eine Gruppe aus einer Berufsgruppe mit z.B. jetzt 2000 Bruttobezügen betrachtet. Nach der Arbeitszeitverkürzung hat die Bundeskasse 190 mehr. Weil in der eMail die Formatierung unsicher ist, diese Tabelle als Anhang.
Dieser Zusatzgewinn wird nur unwesentlich geschmälert durch die Kosten für mehr Personal. Besonders, wenn auch entsprechende weitere Formen gefunden werden, z.B. eine rollende 4-Tage-Woche oder mehr Urlaub. Aber das sollte Sache der Tarifparteien sein.
Damit die Änderung der Abgabengesetze richtig greift, schlage ich vor, die Abgaben nicht nur vom Einkommen abhängig zu machen, sondern zusätzlich auch von der Arbeitszeit.
Anlagen: AZeit.htm
Der Ausschließungshinweis (Disclaimer) ist wegen Gerichtsurteilen notwendig. Allerdings verstehe ich solche Urteile nicht, da es Literaturangaben (und Links sind die moderne Form der Literaturangaben) schon immer gab und es nie (meines Wissens) ein Urteil gab, das man sich evtl. durch eine Literaturangabe mit der Literatur identifiziert.
Impressum, Disclaimer | letzte Änderung: 31.07.2015 | ohne wesentliche Änderung: seit 2003 verfügbar |